Geschrieben um 12:20 am 03.05.2015 | Zitat | Editieren | Löschen | |
Mitglied Pupil Gumby Beiträge: 10 | Ich will einmal meine recht knapp zusammengeschriebenen Eindrücke zu den Grand-Prix-Spielen hier zur Sprache bringen. Es wollen keine eigentlichen Rezensionen sein, und darum halte ich das Forum für einen guten Ort dafür. Wer mag, kann die Form übernehmen und hier weitere "Kurzrezensionen" kundtun. Im Grunde sind keine Spoiler enthalten, aber es sei trotzdem davor gewarnt. Das Schwert der Macht habe ich, wahrscheinlich mangels Erfahrung mit Twine-Spielen, nicht, wie manche es deuteten, als Parodie empfunden. Freilich sind die eingehenden Fragen unstimmig. Auch die seltsame Typographie und die Verlinkungen mit Phantasiewörtern (?) könnten einen dahin bringen, es in die Sparte "Humor" abzutun. Aber vielmehr hatte ich bei dieser denkwürdigen Erzählung den Eindruck, dass ihrE ErfinderIn tatsächlich etwas Wichtiges ausdrücken will. Als einen solchen Versuch würde ich das Spiel wohl gelten lassen, obwohl es selbst viel dazu leistet, sich ungenießbar zu machen, und gegen jede ernste Anwandlung, wenn sie im besten Sinne ernst zu werden droht, ganz fremd tut. Anfänge erweckt den Eindruck einer nur halbwegs soliden Übersetzung. Das Prinzip, das Spiel über eine Doppel-Perspektive zu steuern, macht letztlich weniger Spaß, als man hoffen mochte. Tatsächlich geht auch die erzählte Geschichte nicht über Kuriositäten hinaus; die Stimmung der regenüberschwemmten Großstadt (die wohl den interessantesten Helden des Spiels abgibt) will sich nicht recht entfalten. Wünschenswert gewesen wäre also eine bedeutsamere, ausgedehntere und auch spielerisch spannendere Handlung. Die schwarze Lilie, so viel vorweg, halte ich für ein Spiel hohen Ranges. Ein Sog, zieht es den Spieler in seine rätselhafte Welt, und es bedarf Zeit und innere Arbeit, daraus aufzutauchen. Es ist ein Spiel, das benommen macht. Und es weckt Fragen, weckt Strahlen auf aus den Winkeln der Seele. Einige Einwände habe ich aber. Zum Beispiel die Sprache, die, wenngleich oft stimmig, mir manchmal zu kantig ist, mit einer Prise Fremdwörtern und bekannten Wendungen zu viel. Auch hatte ich zweimal Schwierigkeiten, im Spiel weiterzukommen. Ein wesentlicherer Einwand geht dahin, dass der Autor dem Spieler ausdrücklich nahelegt, das Spiel mehrmals zu spielen. Hier frage ich, ob nicht Gefahr besteht, das Spiel dadurch vielmehr zu einer seelenkundlichen Erzmine zu machen, anstatt es als Erlebnis dem Spieler einmalig vor die Seele zu führen. Muss man ein Spiel wie Die schwarze Lilie gleichsam durchstudieren, um das, was es ausdrückt, zu verstehen? Versteht man solch ein Spiel mit dem Verstand? Und wo liegt das eigentliche Rätsel? Inzwischen bleibt Schüllers Spiel-Film ein wegweisender Versuch und eine bleibende Referenz für das (deutsche) Textadventure. Die Akte Paul Bennet hat mir gleich mit seiner ersten rätselhaften Begebenheit Lust gemacht. Dann beförderte ich mich langwierig in eine Sackgasse, fing neu an, und kam in einigen Durchläufen zu allmählich erhellenderen Enden. Das Taxifahren, das Erkunden und die Detektivarbeit machten Spaß, und die vielen liebereichen Einzelheiten beschwörten eindrucksvoll die zwiespältige Stimmung der Großstadt. Dort, wo es ganz Spiel ist, fand ich also, macht die Akte Paul Bennet sehr viel richtig. Skeptisch, was solch ein Vollkommenheits-Urteil angeht, bin ich indessen beim Inhalt, bei der Dichtung und ihrem Ausdruck. Zwar ist nicht auszuschließen, dass ich noch wichtige Hinweise nicht erspielt habe. Aber mir scheint, es klingen hier viele vielversprechende Themen und Motive an, die nachher nicht so stark und umfänglich verarbeitet werden, wie ein Werk der Kunst, in seinem Streben nach Verdichtung, sonst fordert. Ich meine mit diesen Anklängen: Gerechtigkeit, Identität, Schuld und Sühne. Ja, das Spiel spielt mit alledem, es kommt zu Verstrickungen und Verwirblungen. Aber ich hatte am Ende das Gefühl, zu glimpflich davongekommen zu sein. Etwas musste fehlen, vielleicht eine zwingendere Verkettung der Ereignisse, jene zielstrebige Grausamkeit des Schicksals, die manche als etwas der Erzählkunst ganz Wesentliches ansehen. Ich will es hier nur anreißen, nicht erörtern. Michael Baltes hat mit Paul Bennet ein bedeutsames Spiel geschrieben, jeder Empfehlung wert. |
Geschrieben um 12:29 am 03.05.2015 | Zitat | Editieren | Löschen | |
Mitglied Prof Gumby Beiträge: 596 | Auch dir, Midas, vielen Dank für das interessante Feedback! |