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Waren wir Space-Invaders?

Geschrieben um 13:32 am 20.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
ryn
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Bachelor Gumby
Beiträge: 56

Hat jemand von Euch "Wir waren Space Invaders. Geschichten vom Computerspielen." gelesen? (Matthias Mertens und Tobias O. Meißner, Frankfurt a.M.: Eichborn 02)

Ich habs getan, und meine Gefühle sind gemischt. Gleich im Vorwort bekennt sich Mertens zur Subjektivität des Buches. Da war mir aber noch nicht klar, wie kompromisslos das Versprechen eingelöst wird.

Das Buch beginnt mit einem Überblick über die Entstehung des Computerspiels. Der ist nicht sehr subjektiv (Mertens hat da noch nicht gelebt), sondern stückelt bequem offenbar gängige Fakten aus amerikanischer Standardliteratur zum Thema zusammen. In dem Bereich kenne ich mich nicht aus, las sich flüssig und unterhaltsam.

Irgendwann ab dem C64 (es geht um Computerspielen in Deutschland) wird die Auswahl willkürlicher. In die zugespitzen Beschreibungen der Spiele und ihrer Wirkung mischen sich Werturteile, die mehr über den Autor verraten als über sein Thema.

Auf Besonderheiten von Spielen nach 1996 wird leider nicht mehr eingegangen. Fehlen also z.B. The Sims und Black & White. Kein Wunder, dass im abschliessenden Kommentar behauptet wird, die meisten heutigen "Spiele von Rang" kreisten um "die Begriffe Schadensmodell und Kollisionsabfrage".

Zwei Probleme habe ich mit dem Buch:

  1. Der Geschmack der Autoren. Es braucht wirklich gute Gründe, damit ein Spiel ohne Action, Geschicklichkeitstest und Zeitdruck angenommen wird. Nicht nur das Adventure kommt so unter die Räder, aber bei dem Genre ärgert es mich am meisten. Zwischen Infocom und Myst gibt es in diesem Buch nur "Monkey Island, wo man sich mit einer Figur in Bildern bewegen konnte, gleichzeitig aber auch Text eingeben musste." (105) Point&Click als Texteingabe - das ist zwar nicht falsch, aber es lässt schon eine Menge aus. Und Myst, das letzte Adventure im Buch, wird erst für seine überzeugende Darstellung einer Welt gepriesen. "Das war's aber auch schon mit den Verdiensten." Denn Myst ist ein "stinknormales Adventure. Gutes Mittelmaß. Vielleicht sogar zu langweilig." (174) Keine anderen Adventures, kaum was von LucasArts, Sierra...

  2. Die Zuspitzung. Offenbar hatte jemand Angst, dass sich das Resultat nicht dramatisch genug liest. Einiges ist irreführend, schaut Euch die Zitate an. Und der Ton nutzt sich ab. Ständig verwandelt sich etwas, z.B. in "Kinder, Greise, Maschinen und Abstraktion, alles gleichzeitig." (170)

Geld würde ich für das Buch nicht bezahlen, ausgeliehen ist es einen Blick wert. Noch jemand 'ne Meinung?

Geschrieben um 09:17 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
Tanan
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Prof Gumby
Beiträge: 404

Zitat:

Zwischen Infocom und Myst gibt es in diesem Buch nur "Monkey Island (...)

Ich hab keine Meinung zu dem Buch (nicht gelesen). Mich interessiert aber, was über Infocom drinsteht.

Geschrieben um 16:22 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
Mo
Mitglied
Dr Gumby
Beiträge: 290

ryn:

Hat jemand von Euch "Wir waren Space Invaders. Geschichten vom Computerspielen." gelesen?

Ja, ich hab's durchgelesen.

Insgesamt fand ich die Sprache und die Erzählweise eher eintönig. Die Idee, Klassikern auch moderne Compurterspiele gegenüber zu stellen, ist zwar grundsätzlich gut, wird im Buch aber nicht richtig genutzt. Zu oft wird der Erzählfluss unterbrochen, zu oft klingen die Autoren wie durchschnittliche Geschichtslehrer.

Zitat:

In die zugespitzen Beschreibungen der Spiele und ihrer Wirkung mischen sich Werturteile, die mehr über den Autor verraten als über sein Thema.

Das finde ich an sich nicht schlimm. Schließlich lautet der Untertitel ja "Geschichten vom Computerspielen". Intention der Autoren war es wohl, gerade die eigenen, subjektiven Erlebnisse mit den erwähnte Spielen zu schildern. Genau das kommt meiner Meinung nach aber zu kurz. Jemand, der diese Spiele nicht kennt, wird das Buch sehr gelangweilt zur Seite legen. Die Faszination des Computerspielens wird für Außenstehende überhaupt nicht deutlich. So erging es zumindest mir bei den Kapiteln über mir unbekannte Spiele.

Zitat:

Kein Wunder, dass im abschliessenden Kommentar behauptet wird, die meisten heutigen "Spiele von Rang" kreisten um "die Begriffe Schadensmodell und Kollisionsabfrage".

Ja, sowas tut echt weh. Und über Schadensmodelle lästert keiner mehr, der sich mal Mafia oder GTA 3 angeschaut hat...

Zitat:

Es braucht wirklich gute Gründe, damit ein Spiel ohne Action, Geschicklichkeitstest und Zeitdruck angenommen wird.

Adventures und Rollenspiele fehlen fast völlig. Sehr, sehr schade und unverständlich. Gerade über Spiele mit einer Geschichte lassen sich doch trefflich Geschichten erzählen (was ja der Untertitel verspricht).

Geschrieben um 16:24 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
Mo
Mitglied
Dr Gumby
Beiträge: 290

Nachtrag zum inhaltlichen Gehalt des Buches, gefunden bei amazon.de:

Zitat:

Das Textadventures irgendwie Welten erschließen und werweißwasfür Kommunikationssysteme sind und womöglich noch den Programmiersprachen ähneln, lernt man aus diesem Buch genauso wie die harten Fakten, dass Videospielautomaten kommerziell orientiert sind und dass Ärzte und Bankangestellte gerne lesen. Sauber.

Geschrieben um 18:07 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
kairo
Mitglied
Dr Gumby
Beiträge: 284

Ich hab das Buch auch gelesen und mich dabei eigentlich ganz gut unterhalten. Kann aber auch daran liegen, dass ich es auf einer Klassenfahrt gelesen habe und keine großen Erwartungen hatte.

Detailliert kann ich jetzt aber nichts dazu sagen, denn mein Exemplar hat Mo gerade :wink:

Geschrieben um 20:28 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
ryn
Mitglied
Bachelor Gumby
Beiträge: 56

Mo:

Zu oft wird der Erzählfluss unterbrochen, zu oft klingen die Autoren wie durchschnittliche Geschichtslehrer.

Oh ja. Hab ich nochmal drauf geachtet, und das ganze ist stellenweise unnötig trocken, faktenorientiert. Trotzdem hab ich mich gefreut: Wenigstens wurde ich nicht absichtlich gelangweilt. Und weil ich viele von den wirklich gängigen Fakten nicht schon kannte, ham sie mich auch interessiert.

Mo:

Die Faszination des Computerspielens wird für Außenstehende überhaupt nicht deutlich. So erging es zumindest mir bei den Kapiteln über mir unbekannte Spiele.

Auf den Punkt wollte ich hinaus: Die Schilderungen sind halt so subjektiv, dass das Buch dann am besten ist, wenn man mit dem Autor zusammen zur Grundschule gegangen ist.

Geschrieben um 20:40 am 21.01.2003 | Zitat | Editieren | Löschen
ryn
Mitglied
Bachelor Gumby
Beiträge: 56

Tanan:

Ich hab keine Meinung zu dem Buch (nicht gelesen). Mich interessiert aber, was über Infocom drinsteht.

"Der Schritt von Inventory-Listen in einem Adventure zur Verwaltung von Lagerbeständen mittels eines Heimcomputers ist ein sehr kleiner. (102)

Ausserdem auf knapp vier Seiten ein Abriss:

  • Wofür war die Z-Machine gut

  • Anfangszielgruppe: "wohlhabende Akademiker" (103)

  • Infocomspiele als Grund für die Verbreitung von PCs

  • Was ist ein Parser

  • Beispiele aus "The Witness", "Hitchhiker's Guide to..."

  • Cornerstone

Also Schlaglichter, klar, für mehr ist kein Platz. Um die Aussagen inhaltlich groß zu bewerten, fehlt mir das knallharte Expertenwissen.

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