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Ich spiele IF-Spiele, weil...

Geschrieben um 01:40 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
ChristianB
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Hallo Frank,

ich freue mich über jedes Spiel, bitte nicht falsch verstehen. Ich find's eben nur schade, wenn Autoren gute Ansätze nicht für Verbesserungen im bestehenden Werk nutzen möchten. (Diese Unlust von Autoren, ihr Projekt [in Arbeit] konsequent zu überarbeiten, ist aber auch in anderen Gattungen zu beobachten.) Bei IF kann man ja locker mal eine neue Version machen, das ist natürlich bei einem verlegten Roman oder einem fertigen Film meistens nicht möglich, da muss das alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren; deshalb meine ich, dass IF-Autoren diese Möglichkeit zur nachträglichen Überarbeitung mehr nutzen sollten.

FrankS:

Dein Qualitätsanspruch spricht meiner Meinung nach gegen die IF-Wettbewerbe.

Nein. Ich finde, dass ein Wettbewerb eine gute Motivation sein kann, ein Spiel zu beginnen und eine lauffähige Version hinzukriegen. Ein klappriger Wettbewerbsbeitrag mit Potential kann sich mit der entsprechenden Arbeit ja auch später noch zu einem Boliden am IF-Firmament mausern.

Grüße,

Christian

Geschrieben um 02:05 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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Beide Meinungen sind valide, denke ich, müssen sich aber nicht ausschließen. Ich finde es schon wünschenswert, dass man sich den Atem fasst und größere Würfe in Angriff nimmt, und ich denke auch, dass man die Möglichkeiten zur nachträglichen Verbesserung nutzen sollte. Unserem sehr wackligen Erstlingswerk stünde ein "Implementor's Cut" sicherlich ganz gut zu Gesicht. Andererseits ist es sicher schwierig, das große Ding zu planen, wenn das Lungenvolumen noch nicht ausgreicht. Paul Auster wollte immer Romane schreiben, hat aber jahrelang nur Lyrik verfasst, weil er sich noch nicht bereit fühlte. Dann also lieber kleinere Dinger, sich Stück für Stück vortasten. Ich finde aber schon, dass man auch kleine, unausgegorene Werke in die Datenbanken aufnehmen sollte, und auch durch Comps Werke anstacheln. Man muss nur eben bereit sein, Fehler auch zu verbessern. Ich denke nicht unbedingt, dass potentielle Spieler durch schlechte Erstlingswerke abgeschreckt werden, es gibt ja genügend brilliante Spiele da draußen. Und machen wir uns nichts vor, IF ist ein extremes Nischenmedium, und obwohl ich glaube, dass da noch einiges zu holen wäre, bewegen wir uns hier in Foren und Comps, die eben Nischen sind, und die man ruhig nutzen sollte, Quatsch auszuprobieren. Die Angst, mögliche Spieler zu verprellen, weil man ein nicht makelloses Spiel raushaut, halte ich dann doch für übertrieben. Dann lieber mit wirklich tollen Würfen mal größere Kreise zeichnen, wenn sie sich denn mal abzeichnen. Wir für unseren Teil haben jetzt mal zwei lustige, verrückte Dinger auf diese kleine Welt losgelassen, haben einiges gelernt, und planen jetzt eben (neben bereinigten und verbesserten Versionen der bisherigen Teile) eine etwas opulentere Nummer, mal sehen, was das wird. In der Zwischenzeit sollten wir hier munter weiterdiskutieren, denn wie gesagt, wir denken, da geht noch einiges.

Geschrieben um 02:23 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
ChristianB
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stadtgorilla:

Wir für unseren Teil haben jetzt mal zwei lustige, verrückte Dinger auf diese kleine Welt losgelassen, haben einiges gelernt, und planen jetzt eben (neben bereinigten und verbesserten Versionen der bisherigen Teile) eine etwas opulentere Nummer, mal sehen, was das wird.

Quatsch ausprobieren und durchgeknallte Spiele finde ich super. Und wenn Ihr bei der Arbeit an weiteren Spielen etwas entdeckt, das in den vorigen Spielen fehlt oder zu deutlichen Verbesserungen führen kann, dann spricht doch auch nichts dagegen, wenn Ihr Euch die "alten" Dinger noch mal vorknöpft und das Gesamtwerk reifen lasst. Bin schon gespannt.

Übrigens bin ich ein wenig neidisch auf den Nickname "Dr. Bier", aber das nur am Rande.

FrankS:

Ich für meinen Teil werde mich also munter voranarbeiten, Spiel für Spiel, bis ich die Projekte realisieren kann, für die mir momentan noch Erfahrung fehlt.

Ja, genau. Das widerspricht nicht dem, was ich geschrieben habe. Nur so kann's ja auch weitergehen. Aber Autoren, die sich vehement einer Neubarbeitung lohnenswerter Spiele widersetzen, verstehe ich nicht. Bei Software wird das als normal empfunden (wir sind immerhin schon bei Inform 7, es hat also eine jahrelange Evolution stattgefunden!), die Schöpfer von Literatur haben aber seltsamerweise mitunter den Wunsch, ihre Arbeit aus dem Nichts in ein paar Tagen in die Existenz zu heben und als in Granit gemeißelt zu betrachten. Und der Sonntag ist natürlich frei.

Saludos,

Christian

Geschrieben um 02:29 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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ChristianB:

Ja, genau. Das widerspricht nicht dem, was ich geschrieben habe. Nur so kann's ja auch weitergehen. Aber Autoren, die sich vehement einer Neubarbeitung lohnenswerter Spiele widersetzen, verstehe ich nicht. Bei Software wird das als normal empfunden (wir sind immerhin schon bei Inform 7, es hat also eine jahrelange Evolution stattgefunden!), die Schöpfer von Literatur haben aber seltsamerweise mitunter den Wunsch, ihre Arbeit aus dem Nichts in ein paar Tagen in die Existenz zu heben und als in Granit gemeißelt zu betrachten. Und der Sonntag ist natürlich frei.

Saludos,

Christian

Das ist dieser alte Widerspruch zwischen dem Schriftsteller und dem Programmierer in IF. Unter dem künstlerischen Aspekt natürlich immer nicht ganz einfach, sich früheren Werken wieder auszusetzen, aber man schreibt ja eben keine Literatur, sondern ein Spiel, oder eine "ludische Narrative", und die darf man ruhig auch aus dem Blickwinkel einer verbesserungsfähigen Software betrachten. Stephen King, das am Rande, ist übrigens ein Schriftsteller, der seine alten Romane bei Wiederveröffentlichungen durchaus noch mal überarbeitet, so etwa geschehen bei der "Dark Tower"-Reihe.

Geschrieben um 05:41 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Bushin
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Übrigens, was ich bis jetzt gesehen habe von einigen kurzen Spielen, auch Wettbewerbsbeiträge der letzten Jahre - ich muss mir das alles ja erst ma anschauen, was da so an mir vorbei gegangen ist.. - was ich bis jetzt gesehen habe sind da Dinger dabei, die wirklich das Zeug haben, groß zu werden.

Allerdings kann ich mir bei einigen Kritiken, die mir so untergekommen sind, auch nicht die Bemerkung verkneifen: mit nur rummeckern kommt man auch nicht weiter! Also bei Einigem, was ich da so an Rezensionen gelesen habe könnte ich es gut verstehen, wenn Autoren die Lust darauf vergeht, noch an den Programmen zu arbeiten.

Also da bin ich eindeutig für motivierendere Kritiker ;-) oder anders gesagt: Kunst kann nicht erzwungen werden und Umsetzungsarbeit geht auch wesentlich besser, wenn man motiviert ist.

Na klar brauchen die Dinger Reifezeit. Für mich gilt 1. "Gut Ding will Weile haben." und 2. "Ora et labora." (Sprich laß es geistig reifen und setz es um..)

VG

Bushin

Geschrieben um 11:17 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
ChristianB
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Bushin:

Also da bin ich eindeutig für motivierendere Kritiker ;-) oder anders gesagt: Kunst kann nicht erzwungen werden und Umsetzungsarbeit geht auch wesentlich besser, wenn man motiviert ist.

Stimmt. Aber sehr viel Murks kann eben auch mit Fleiß vermieden werden. Aber schnell mal ein paar Dinger raushauen und das Gerümpel dann nie wieder anfassen, das finde ich eine Unart. Ob nun bei IF oder anderen Arbeiten. Also: Wenn man schon was in die Welt setzt, dann sollte man auch damit rechnen, dass es gelesen/gespielt wird. Und somit hat man auch eine gewisse Verantwortung dem Publikum gegenüber. Und wenn eine Gattung es zulässt, dass man das Produkt immer mal wieder verbessert, wenn Fehler gefunden werden, warum sie dann nicht ausbügeln? Die Kunst leidet nicht unter Nachbesserungen, denke ich.

stadtgorilla:

Stephen King, das am Rande, ist übrigens ein Schriftsteller, der seine alten Romane bei Wiederveröffentlichungen durchaus noch mal überarbeitet, so etwa geschehen bei der "Dark Tower"-Reihe.

Das ist ja auch einer von den Fleißigen. (Vorausgesetzt, dass er heute immer noch ohne Schreibwichtel auskommt.)

Bushin:

Na klar brauchen die Dinger Reifezeit. Für mich gilt 1. "Gut Ding will Weile haben." und 2. "Ora et labora." (Sprich laß es geistig reifen und setz es um..)

Es muss ja nicht nur im Geiste allein reifen. Einfach mal raushauen und gucken, was passiert, kann auch zu schönen Sachen führen. Nur dann sollte ein Autor auch bereit dazu sein, nachzubessern.

Geschrieben um 11:51 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Martin
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Bushin:

Allerdings kann ich mir bei einigen Kritiken, die mir so untergekommen sind, auch nicht die Bemerkung verkneifen: mit nur rummeckern kommt man auch nicht weiter!

Diese Haltung verstehe ich nicht.

Wenn man ein Spiel kritisch betrachtet, wird das hier oft als Meckerei abgestempelt, so als ob der Rezensent Unfieden stiften möchte. Dabei beschreiben die Rezensionen doch, was genau an einem Spiel gut oder schlecht war und warum einem ein Spiel gefallen hat oder nicht und wieso es unspielbar war.

Bushin:

Also da bin ich eindeutig für motivierendere Kritiker ;-)

Gute Rezensionen, die die Spiele schlecht bewerten, können durchaus eine Motivation sein, das Spiel zu überarbeiten oder die Unzulänglichkeiten beim nächsten Spiel zu vermeiden. Wie oben schon gesagt wurde: Spiele zu schreiben ist ein Prozess. Damit die Spiele in diesem Prozess besser werden, ist sachliche Kritik nötig. Fanboytum und ungebremste Freude darüber, dass es überhaupt mal ein Spiel gibt, helfen hingegen eher wenig.

Und gute Rezensionen können auch als Grundlage für Diskussionen dienen. Forumsbeiträge, in denen wir uns alle gegenseitig auf die Schulter klopfen, sind öde, kommen aber offenbar gut an.

Hier wird ja jetzt wieder vermehrt der Bergiff "Kunst" in die Runde geworfen. Spiele schreiben ist aber zu einem großen Teil Handwerk, und wenn das Handwerkliche nicht stimmt, ist das Spiel oft unspielbar. Offensichtlich unspielbar. Und das Offensichtliche zu sagen, ist ja wohl kein Meckern. Im Gegenteil, offensichtliche Schwachpunkte eines Spiels zu verschweigen ähnelt eher dem Lob für des Kaisers neue Kleider.

Bushin:

Na klar brauchen die Dinger Reifezeit. Für mich gilt 1. "Gut Ding will Weile haben." und 2. "Ora et labora." (Sprich laß es geistig reifen und setz es um..)

Reife erlangt man aber nicht durch Abwarten und unbedingte Aufmunterung. (Außer das Spiel ist Käse.) Man muss ein Spiel zur Reife führen, und dabei hilft Kritik und die Bereitschaft, die Ergebnisse der Kritik im Spiel umzusetzen. "Labora" trifft es also ganz gut.

Geschrieben um 12:04 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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Fanboytum. Hm. Also so sehr es legitim und nützlich ist, ex cathedra Fehler zu benennen, wirklich, so ist es auch legitim, sich vor dem Lagerfeuer sitzend zu treffen und gemeinsam Marshmellows zu rösten, sich auf die Schultern zu klopfen und Geschichten zu erzählen.

Geschrieben um 14:27 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Eine wirklich interessante Diskussion, wenn auch mittlerweile unter falschem Oberthema.

Es scheint hier zwei Grundansichten zu geben, zu denen wir in unterschiedlichem Maß tendieren. Auf der einen Seite kann man Autoren ermutigen, sich so frei wie möglich auszuprobieren und erstmal die Qualität der Erzeugnisse vernachlässigen; auf der anderen Seite kann man mit mehr oder weniger strengem Blick von Anfang an auf Qualität pochen, um den Wildwuchs unfertiger, unausgereifter Spiele zu begrenzen. Natürlich stehen wir alle irgendwo zwischen diesen Fronten, aber ich bevorzuge die erstere Vorgehensweise.

Wenn man Kindern Bausteine in die Hand gibt und ihnen genau vorschreibt, wie man den korrekten Turm zu bauen habe, wenden sie sich naturgemäß ab. Andererseits erwartet man natürlich, dass sie sich vielleicht Tipps geben lassen, wenn ihr erstes Bauwerk eingestürzt ist. Klar, wir sind keine Kinder, klar, das Kinderzimmer ist kein öffentliches Forum, aber trotzdem: Ich sehe lieber ein schlechtes Anfängerspiel mehr als insgesamt eines weniger.

Zitat:

Das ist meines Erachtens genau die Methode, mit der ganz gezielt ein riesiger Haufen halbfertiger Spiele produziert wird,

Mir ist ein riesiger Haufen Spiele, die jährlich erscheinen, nicht bekannt, weder gute noch schlechte. Kann man die nicht an beiden Händen abzählen?

Ich denke, das Gewinnen neuer Autoren und Spieler muss über eine maximale Offenheit und Toleranz gehen und weniger über strenge Maßstäbe. Wenn mehr Leute Interesse an IF finden und sich selber im Programmieren versuchen, wird langfristig eher ein neues Photopia entstehen (um mal wieder dieses Spiel zu nennen), als durch gestrenge Richter, die jeden Anflug von Kreativität im Keim ersticken. Natürlich sollte man sich Mühe geben und nicht einfach irgendetwas dahinschludern, aber ich denke, dass dies die meisten schon tun. Ihnen fehlt nur der nötige lange Atem. Wenn ihr schon Wettbewerbe braucht, um euch zur Beendigung eines Spiels durchzuringen ;-)

Zum Thema Handwerk: Natürlich ist das Konzipieren und Programmieren eines Spiels auch ein Handwerk, aber eben nicht nur. Einem spannenden Spiel verzeihe ich ein gelegentliches "So etwas kannst du hier nicht sehen." durchaus, während mich manche sauber durchlaufenden Beiträge trotzdem kalt lassen. Spielbar sein sollte es natürlich in jedem Fall.

Aus diesem Grund freue ich mich sehr über diese Diskussion: Zum Spielemachen gehört mehr als Informatikkenntnisse und darüber zu reden, tut diesem stark technikbezogenen Forum sicher gut. Klar, wer beim Programmieren nicht weiterkommt, fragt hier "Wie mache ich in Inform XY" - das habe ich selbst ja auch schon getan. Aber das ist eben nicht alles. Was das angeht, kann ich mich wirklich nur für Seiten wie textfire.de bedanken. Die Anregungen dort gehen weit über die technische Seite hinaus. Die mir bisher begegneten schlechten Spiele waren meistens nicht in erster Linie technisch problematisch, sondern eben vor allem schlechte Spiele, aus denen nach diversen Korrekturläufen immer noch kein gutes wird.

Um noch kurz die Frage der Kritik aufzugreifen: Konstruktive Kritik ist sicher wichtig, aber auch hier macht der Ton die Musik. Vernichtende Kritiken sind mir nur wenige bekannt, ich habe schon das Gefühl, dass die meisten sehr fair sind und auch berücksichtigen, wenn jemand sein erstes Spiel vorstellt. Außerdem lauern die meisten Autoren sicher ohnehin auf die Rezensionen, die eine Art Lohn für die ganzen Mühen sind.

Trotzdem wird hier kein Diplom verliehen und alle Autoren knappsen sich die nötige Zeit für ihr Spiel von ihrer spärlichen Freizeit ab - das sollte man schon etwas berücksichtigen. Also vielleicht doch ein wenig mehr Lagerfeuer?

Geschrieben um 15:42 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Bushin
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Hi beinand,

also um das mal bißchen klarer raus zu stellen: ich sehe da eben ZWEI Seiten die beide wichtig sind. Ich gehe da durchaus konform mit Dir Martin. Wenn ich sage "motivierendere kritiker" hat das nix viel mit auf die Schulter klopfen und wohlgefällig sein zu tun. Deshalb steht da "motivierende kritiker" und nicht "motivierende Ja-Sager".

Natürlich muss man fleißig sein! Von nichts kommt nichts und von nicht viel halt nicht viel. Dazu kommen einige andere Aspekte, z.B. klares Denken und ein gewisses Maß an Fachkenntnis (die auch erarbeitet werden will).

Allerdings gibt es einen künstlerischen Aspekt in IF, das ist für mich unbestreitbar. Eine ansprechende Textdarstellung hängt nicht nur von der Kenntnis einer beliebigen Sprache samt Rechtschreibung ab sondern auch von einem Maß der "Inspiration". Das ist nun mal so - und es ist gut so.

Ich muss mal suchen: es gab mal einen Vortrag einer amerikanischen Autorin, bei dem sie diese Sachverhalte - Inspiration in der Schreiberei - beeindruckend dargestellt hatte. Irgendwo hatte ich da mal nen Link.

Inspiration kann man nicht erwzingen. Meiner Meinung nach kann man das nur zu lassen.

In diesem Sinne eben: "Ora ET Labora". Also davon bin ich überzeugt.

Wenn das Thema "Inspiration" interessiert kann ich dazu mal was schreiben. Ich hab hier ein 800seitiges Manuskript liegen: ein Fachbuch zwar, aber das ändert erst mal nix. Die Entstehung dieser 800 Manuskriptseiten Fließtext und das, was ich dabei empfunden habe mag vielleicht interessant sein in dem Zusammenhang. (800 Seiten schreiben sich aber eben nicht von alleine, nur weil ich eine schöne Idee habe: nein, natürlich, da gehört Arbeitswut und Fleiß dazu - und der Prozess ist noch lange nicht beendet!)

VG

Bushin

Geschrieben um 16:42 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Hannes
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Es gibt meiner Meinung nach einfach unterschiedliche Phasen der Kritik.

Im Alphastadium muessen die Spieler (dann ja noch Tester) de Grundideen hinterfragen und deren Motivation mit dem Autoren diskutieren.

Im Betastadium muessen diese Grundideen dann als gegebener Konsens vorausgesetzt werden, dafuer aber deren Umsetzung im Bezug auf Wirksamkeit und Effizienz diskutiert werden.

Danach gibt es ueblicherweise Release Candidates, zu denen bitte nur noch technische Fehlerberichte kommen sollten.

Wenn ich dagegen nach der Veroeffentlichung einer "finalen" Version eine Rezension schreibe, dann ist vor Allem doch die Zielgruppe eine andere: Vorher waren die Spieler Tester, d.h. sie kommunizierten exklusiv an den Autoren (in Ausnahmefaellen untereinander). Nach Veroeffentlichung schreibt man dagegen fuer interessierte andere Spieler oder potentielle Spieler.

Autoren, die dann noch erwarten, detaillierte Bugreports oder Aehnliches zu bekommen, machen eigentlich etwas falsch. Ebenso kommen jedoch meiner Meinung nach diejenigen Rezensenten, die dann genau das tun (beispielsweise durch endloses Zitieren von aus dem Zusammenhang gerissenen Spielpassagen), auch nicht ihrer Aufgabe (der verstaendlichen und nachvollziehbaren Information der Oeffentlichkeit) nicht nach. Paradebeispiel sind die meisten IF-Comp-"Reviews", die leider fuer Aussenstehende voellig unverstaendlich bleiben.

Was jedoch leider auch die wenigsten Autoren meiner Meinung nach verstehen (und genauso andersrum die meisten Rezensenten falsch machen), ist, dass ja Jemand, der eine Rezension veroeffentlicht hat, wahrscheinlich durchaus FAEHIG ist, doch noch dem Autoren detaillierteres Feedback zu geben, als das vielleicht in dem an die generelle Oeffentlichkeit gerichteten Artikel der Fall war.

Ich habe das schon aus beiden Perspektiven erlebt: Als Autor stoesst man leider bei vielen Rezensenten auf Granit (keinerlei Reaktion auf Nachfragen oder sogar vielfach KEINE KONTAKTINFORMATIONEN), als Rezensent wird man jedoch von den meisten Autoren auch nicht als weitere Feedbackquelle wahrgenommen. Und diese Kommunikationslosigkeit tut der Qualitaet in einer solch winzigen Community (damit meine ich noch nicht mal die paar Leutchen hier, sondern explizit genauso die englischsprachige) keinesfalls gut.

Geschrieben um 01:00 am 26.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
proc
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Eine interessante Diskussion, schon wegen der ungewohnten Ausführlichkeit der Beiträge. Ich habe die vergangenen zwei Jahre so ziemlich alle Online spielbaren deutsprachigen Titel mit meiner Nichte durchgezockt und bin nach einiger Beschäftigung mit den anderen Spielen (insbsondere der TAG-Spiele) verwundert darüber, wie viel Volumen der Raum unterhalb eines Scheffels fassen können soll. Unter den mehr als 500 deutschsprachigen Spielen finden sich Highlights wie Klub Karisma, Der Angstbaum, Das Kopialbuch oder Jazz auf Tegemis und auch ältere Spiele wie Cromwell House, die nach meiner Meinung mit den internationalen Top 100 in englischer Sprache mithalten können. Photopia vorzubringen hat für mich zumindest hinsichtlich der damaligen (1998) technischen Möglichkeiten etwas davon, Klobrillen mit Sonnenbrillen zu vergleichen. Nichtsdestotrotz würde ich mich aber über ein deutschsprachiges Photopia freuen.

Hinsichtlich der Reviews und deren möglichen Abschreckungspotenzial für Autoren kann ich nur anführen, dass es sich IMMER um persönliche Meinungen handelt, die auf einer intensiven Beschäftigung mit dem Spiel basieren. Ein Spiel muss einfach aus sich selbst heraus beurteilt werden dürfen, freilich vor einem individuellen Hintergrund des Rezensenten. Man steckt als Rezensent uneigennützig eine nicht unbedeutende Menge an Lebenszeit in Spiele, was auch nicht immer Spaß macht und was von den Autoren nach meinem Gefühl nicht selten unterschätzt wird. So bin ich seit 2009 erst zweimal nach einem Transkript gefragt worden, das nach technischer Möglichkeit immer mitläuft. Jedenfalls habe ich es mir auch nicht leicht gemacht und auch die miesesten Spiele der IF-Comp teilweise mehrfach durchgezockt und sogar inhaltliche Hintergründe recherchiert wo sie - etwa für »Fan Interference« - unabdingbar erschienen, Warum eigentlich? Ich hätte stattdessen dreizehn Folgen der Serie »Sturm der Liebe« sehen können. Ganz einfach: Weil es eine Herzensangelegenheit ist. Ich liebe IF und habe eine Meinung dazu, für die ich auch selbst schon hinreichend kritisiert worden bin. Für die Verbreitung der Spiele halte ich Rezensionen nicht für wichtig, für eine wachsende Qualität aber schon.

Schließlich noch Hannes' pragmatischer Ansatz offenbar vor dem Hintergrund einer professonellen Softwareentwicklung. Es lässt sich in komplexeren Spielen manchmal (will meinen: meistens) nicht vermeiden, auch im dritten Betastadium die Geschichte zu hinterfragen. Mir ist das jedenfalls fast immer passiert. Da ist der Ton entscheidend, als Betatester liegt die Konzentration doch mehr auf technischen Mängeln. Die Erfahrung lehrt aber, dass es sich narrativ nicht anders verhält als technisch: Bisweilen fallen einem erst nach dem fünften Durchspiel Fragezeichen und Widersprüche auf. Nicht selten ist es vorgekommen, dass man die Story überhaupt erst nach Beta 3 rafft und die Autoren das auch wohlwollend zur Kenntnis genommen haben..

Da war ja noch die Kunstdiskussion mit Kant und ohne, die ich nicht verstanden habe: Mit dem Deutschem Idealismus wird man in der heutigen Zeit keinen Zentimeter weiter kommen und ich würde mich ohnehin der handwerklichen Oehmschen Kunstauffassung anschließen wollen, zumal ich einige (bildende) Künstler und deren Arbeitsweise kenne. Ob programmiert wird oder geschrieben, IF ist so oder so vor allem Handwerk.

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Geschrieben um 01:45 am 26.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
ChristianB
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proc:

Hinsichtlich der Reviews und deren möglichen Abschreckungspotenzial für Autoren kann ich nur anführen, dass es sich IMMER um persönliche Meinungen handelt, die auf einer intensiven Beschäftigung mit dem Spiel basieren.

Rezensionen sind die eine Sache. Ich habe mein von Dir erwähntes Spiel Klub Karisma jedoch nicht aufgrund der veröffentlichten Reviews überarbeitet, sondern bin Eingaben gefolgt, die ich in persönlichen Gesprächen von Angesicht zu Angesicht (z.B. mit Dir, Ingo, Martin Oehm und Marius Müller) oder auch durch private Korrespondenz erhalten habe.

(Der Lokaltermin Anfang 2011 auf der Reeperbahn mit Euch if-wizz-lern war der beste Post-Beta-Test, den das Spiel je erfahren konnte. So rein recherchemäßig. Aber das nur an einem anderen Rande und hinter vorgehaltenem Fächer.)

Ich habe auch Zuschriften von Klub-Karisma-Spielern bekommen, die nicht öffentlich zu IF-Spielen Stellung beziehen, und die mich durch ihre Fragen nach Lösungswegen und/oder Wünschen für weitergeführte Szenen auf neue Ideen gebracht haben, und mich animiert haben, für mehr Konsistenz im Spiel zu sorgen. Ich habe jeden Vorschlag ernst genommen, geprüft und in meine Spielwelt integriert, so gut es eben ging. Besonders nützlich waren zuletzt die Anmerkungen und Hilfegesuche eines blinden Spielers, der einen Spielverlauf erzeugt hat, den ich nie im Leben eingeplant hatte. Die Phase der Überarbeitungen war für mich insgesamt spannender als die Entwicklung und Programmierung des Spiels.

Kritik und Beta-Tests sind wichtig, aber nicht alles. Wie Hannes geschrieben hat, ist Kommunikation der Schlüssel zur erfolgeichen Weiterentwicklung eines Spiels. Oder sagen wir auch: Interaktion. Rede nicht nur mit dem Spiel, sondern auch mit dem Autor. Und der Autor redet im besten Falle auch mit dem Spieler oder Kritiker, hört zu und lernt.

Grüße,

Christian

Geschrieben um 10:23 am 26.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Martin
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Das ist vielleicht das Problem der Rezensionen: Sie sind eigentlich keine Rezensionen, die sich an potenzielle Spieler richten, sondern eher Spielanalysen. Die kleine Szene kreist um sich selbst.

Ich lese solche Analysen gerne. Es geht da ja meistens darum, ob und warum welche Spielmechanik funktioniert und wie sich die Erzählung entwickelt. Technische Fehler werden eher nur dann erwähnt und in Auszügen zitiert, wenn sie sehr typisch für das Spiel sind oder wenn es Showstopper-Bugs sind, die das Spiel abbrechen oder den Fortschritt des Spielers dauerhaft behindern. Das passiert in der Regel nur beim unteren Drittel der IF-Comp-Beiträge, die schlecht oder gar nicht getestet sind und vor Fehlern strotzen. Wenn die Rezensenten nicht den Anspruch hätten, über jedes Spiel etwas zu schreiben, gäbe es solche Rezensionen einfach aus Mangel an Interesse an solchen Spielen nicht.

Rezensionen, die Textadventures außerhalb der Szene empfehlen, gibt es meines Erachtens nicht. Diese Rezensionen müssten vermutlich auch nicht in diesem Forum erscheinen. Theoretisch natürlich schon, denn wozu gibt es die Rubrik "Spielertreffpunkt"? Aber praktisch wird das Forum von so wenigen besucht, dass fast jeder irgendwie beim Schreiben oder Testen der Spiele beteiligt ist. Andere Spieler, wenn es sie überhaupt gibt, informieren sich woanders.

Frank:

Wenn man Kindern Bausteine in die Hand gibt und ihnen genau vorschreibt, wie man den korrekten Turm zu bauen habe, wenden sie sich naturgemäß ab.

Dass eine saubere handwerkliche Implementierung der Kreativität entgegensteht, glaube ich nicht. Beherrschung von Rechtschreibung und Grammatik stehen ja auch nicht dem kreativen Schreiben entgegen. Ich würde sogar das Gegenteil behaupten: Autoren, die besonders kreativ beim Spieleschreiben sind, beherrschen auch das Handwerkliche gut.

Im Gegensatz zu Büchern oder Filmen sind Spiele ja interaktiv. Das heißt, das Spiel lebt davon, dass der Spieler die Geschichte mitgestaltet oder zumindest den Eindruck bekommt, er täte es. Der Spieler hat nur über die Interaktion Zugang zur Geschichte, also muss die Interaktion sitzen. Hinter dieser Hürde kann man dann so kreativ sein, wie man will.

Die Regeln zur Interaktion kommen übrigens nicht "ex cathedra". Es gibt natürlich einige Konventionen, die sich ergeben haben. Wer käme schon darauf, sich die Gegenstände, die er trägt, mit "Inventar" anzuschauen? Aber eigentlich gilt: Erlaubt ist, was funktioniert beziehungsweise was der Spieler erwartet. Die interaktive Schnittstelle ist von Spiel zu Spiel verschieden, auch wenn es ein gemeinsames Grundgerüst gibt. Hier kann man also auch kreativ sein, muss aber aufpassen, dass man nicht den Zugang zum Spiel verbaut.

Ob das passiert, sollte man natürlich vor Veröffentlichung testen lassen. Das Alpha-Stadium, das Hannes oben beschrieben hat, erfolgt nach meiner Erfahrung meistens nur im Kopf des Autors. Wenn der Beta-Test anläuft, ist also der Rahmen schon vorgegeben. Beta-Tests können am grundlegenden Design des Spiels nichts mehr ändern.

Aber auch dazu sind ja Rezensionen gut: Funktioniert das, was das Spiel versucht? Prinzipiell? Konkret in diesem Spiel? Grundlegende Fehler im Design können in nachfolgenden Releases nicht ausgebügelt werden, ohne das Spiel von Grund auf umzukrempeln. Aber interessant sind solche Einsichten ja schon, auch für andere Autoren.

Frank:

Also vielleicht doch ein wenig mehr Lagerfeuer?

Ich habe ja gar nichts gegen Lagerfeuerromantik und gegen Schulterklopfen auch nicht. Aber dies ist doch ein Forum über Textadventures, da sollte man nach dem dritten Marshmallow auch schon mal über Spiele reden dürfen.

Frank:

Ich sehe lieber ein schlechtes Anfängerspiel mehr als insgesamt eines weniger.

Ja. Aber nur, weil es eben auch Spaß macht, ein Spiel zu analysieren.

Geschrieben um 12:26 am 27.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Hannes
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Wobei es schon mal interessant wäre zu wissen, wer eigentlich Rezensionen liest, d.h. wer eigentlich die Zielgruppe ist. Es ist eigentlich das gleiche Dilemma, wie bei den Spielen selbst: Für wen schreibt man? Genauso, wie ich es für absolut affig halte, in jedem einzelnen Spiel immer wieder den gleichen "Anfängermodus" einzubauen (Tutorial, "Smarter Parser" usw. usf.) wäre es auch albern, in jeder Rezension immer erstmal wieder zu erklären, dass es sich um ein Textspiel handelt, wie man generell damit interagiert usw. Ein gewisses Maß an Vorwissen muss man schon voraussetzen dürfen, ohne gleich verschrien zu werden, nur inzestuös für die wenigen Insider zu schreiben.

Das richtige Maß zu finden ist schwierig und leider gibt es für Rezensenten sogar noch weniger Feedback als für Spielautoren. Ich hab's ja beispielsweise bei der diesjährigen IF Comp versucht, im Sinne Martins Rezensionen "außerhalb der Szene" zu veröffentlichen. Das hat zwar hohe Leserzahlen gebracht (oder zumindest "Klickzahlen", wie viele dann wirklich lesen, das ist ja technisch nicht messbar), aber wie "erfolgreich" es im Sinne, dass Jemand Interesse gewonnen hat, ist nicht nachvollziehbar. Ebensowenig, ob das, was ich da verzapt habe, überhaupt verständlich war, also den richtigen Grad an Informationen hatte.

In allen Testphasen ist das ja anders: Da kann ich in der Rolle des Testers den Autoren einfach fragen, welche Art von Feedback und in welcher Form er das haben möchte. Rezensionen schreibt man dagegen völlig "blind". Insofern ist das eigentlich sogar die schwierigste aller dieser Feedbackaktivitäten.

Geschrieben um 17:54 am 27.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Bushin
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Also ich hatte übrigens gar keine Rezensionen gemeint, die ich innerhalb des Forums gesehen hatte sondern eben außerhalb - mal nebenbei erwähnt.

Ich würde auch empfehlen - vorausgesetzt, es wird gewünscht, dass Spiele auch möglichst von vielen Leuten gespielt werden, die wirklich nur spielen wollen, nicht nur IF Profis, die selbst schreiben - das mit zu bedenken: es gibt unterschiedliche Zielgruppen.

Die eine Seite sind die Profis, die sich mit dem Innenleben beschäftigen, selbst programmieren oder Geschichten entwickeln oder sogar beides zusammen (g ;) ). Na klar, da sind genaue Analysen und Anbringen von möglichst viel konstruktiver Kritik wichtig, sonst lern ich nix dazu und die Mängelliste bleibt unbearbeitet.

Die andere Seite aber sind Spieler. Und "reine" Spieler wollen (wahrscheinlich) vor allem eine gute Simulation haben, ein Abenteuer erleben - und das wird um so intensiver, je weniger man von der Technik im Hintergrund mitbekommt. Dazu gehören aber dann auch Pre- und Reviews, die durchaus was zum Flair beitragen können - oder das Interesse von vornherein schon dämpfen können. Naturgemäß, so meine ich, sollte bei solch einem Ansinnen die Darstellung der Geschichte und der Spielbarkeit an sich im Vordergrund stehen.

Anders gesagt: ob ein Tisch, der in einer Raumbeschreibung auftaucht, "als Objekt implementiert ist" interessiert einen Reinspieler, der einfach nur abenteuersüchtig ist wahrscheinlich weniger. Interessant ist für den nur, ob das Spiel gut spielbar ist - was wahrscheinlich fraglich wird, wenn derartige Fehler im Spiel zu oft auftauchen.

Um da mal ein konkreteres Beispiel sinngemäß zu zitieren von dem, was ich da eben außerhalb des Forums gelesen hatte: Vor einigen Wochen bin ich über eine Internetseite gestolpert, in der eine Menge Spiele rezensiert wurden. Zielgruppe schien mir der Spieler an sich zu sein. Die Seite scheint inzwischen down zu sein oder ich finde sie nicht mehr, macht ja nix.

Ich hab da als Spieler gelesen auf der Seite, ich wollte wissen, was es so deutschsprachiges gibt im Augenblick und was mich davon zum Zocken interessieren könnte.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen waren da eigentlich alle Rezensionen durchwegs negativ und ohnehin letztlich viel zu technisch geschrieben. Zumindest die, die ich durchgeschaut hatte. Auf die Geschichte wurde allerhöchstens mit zwei, drei kurzen Sätzen eingegangen - der Rest war im Prinzip eine "technische Mängelliste".

Beispiel an das ich mich noch erinnern kann: Irgend ein Horror-Adventure. Unter anderem war da zu lesen, dass "die Texte viel zu lang seien. Der Autor sollte sie um die Hälfte kürzen, ist aber dafür nicht ansprechbar."

Naja - Wirkung auf mich in Kombination mit den restlichen Mängeln: hab keinen Bock mehr drauf, abgehakt.

Nu is es aber so: Möglich dass die Texte zu lang sind. Das hat in ner Rezension für Spieler auch möglicherweise Gewicht, obwohl das jeder letztlich nur selbst entscheiden kann. Es kommt da also schon mal besser wenn geschrieben steht: "Für meinen Geschmack sind die Texte zu lang geraten." - Das klingt einfach anders als die pure Feststellung einer Tatsache. Wo es dann aber wirklich haarig wird ist die Aussage "Der Autor sollte um die Hälfte kürzen" - also das gibts da schon mal gar nicht, dass "Sollte", sondern sowas kann man nur "empfehlen" oder als "Idee nahe legen". Noch haariger wirds, wenn dann noch auftaucht "Der Autor ist aber taub dafür": das allerdings ist eine persönliche Wertung, die vermuten lässt, dass der Rezensent deswegen sogar bißerl grollig auf den Spielautor ist, weil der das nicht akzeptieren will.

Man kann ja grollig sein: aber in einer Spielrezension für Spieler hat das nix zu suchen schlichtweg.

Und solche kleinen Fehler sind mit hundert Prozent Sicherheit hervorragend geeignet, potentiell guten Autoren jede Lust am Weitermachen zu nehmen.

Weils oben erwähnt wurde hier mal eine Rezension aus dem Forum zu eben schon erwähntem "Schatten über London":

http://forum.ifzentrale.de/viewtopic.php?t=799&sid=4ff4e0c620c6b094babe880e1e951f46

Das hier ist eine total schöne, kurze Rezension! Locker aus der Hüfte, gefühlvoll, geht auf die Story selbst ein, nicht zu techniklastig und ist schlichtweg wirklich etwas, was unterm Strich auch motivieren kann: den Spieler zum Spielen und den Autor zum Weitermachen.

Wiewohl das Spiel an sich mit den ganzen Mängeln IMHO nicht der Brüller ist. (Wirklich schade, denn storymäßig und im technischen Ansatz hätte es einer werden können grml SCHAADE! :-) ) - Aber es hatt Unterhaltungswert trotz vieler kleiner Technik-Mängel - und das eben will ich als Spieler vor allem wissen. Als Handwerker und Selberschreiber rauf ich mir dann die Haare, weil einfach schade, mit zwei, drei Überarbeitungen hätte das ein Hammer werden können.

(Schade, dass das mit der Motivation des Autors nicht geklappt hat g aber das muss man ihm ja doch letztlich selbst überlassen: es ist halt nicht zu erzwingen und es mag viele Gründe geben, warum das Spiel beim Skelett belassen wurde.)

Übrigens: es gibt eine Menge Leute, die interessiert sind an IF und nichts mit irgendwelchen Communitis zu tun haben. Wenn man sich darüber Gedanken machen will, mehr Spieler zu haben (also ich muss sagen, ich hätt gern viele, die meine Geschichte auch spielen, wenn ich damit fertig werd dereinst, dat is ma so) dann wäre meine Empfehlung: geht nur über Qualität und gute Präsentation. Als Spieler sag ich: im Augenblick hakelt es am meisten an:

  • handwerklichen Mängeln

  • schlechten Texten (zu lang, zu knapp, zu emotionslos usw.)

  • fader Story

  • und ein wesentlicher Punkt, der mich auch ein bißchen bremst in meinem Enthusiasmus: zu wenig Komplexität. Das betrifft sowohl die reine Spielzeit als auch die simulierten Welten an sich.

Die Form der Rezensionen und Reviews, die dann als Zielgruppe den Spieler an sich haben, spielt mit einigermaßen Sicherheit in die Punkte "Qualität / Präsentation" mit rein.

Im Übrigen:

natürlich kann man auch Fach-Kritiken so nett schreiben, dass der Autor dadurch animiert wird, Gas zu geben statt sich als "Versager" zu fühlen, um es mal ganz krass auszudrücken. Und bevor sich da jemand vollkommen unnötigerweise auf den Schlips getreten fühlt -> soweit das für mich in dem Forum hier ersichtlich ist, macht ihr das großartig bisher. Es herrscht ein gesitteter Umgangston gemischt mit hoher Fachkompetenz und obendrein - ein seltenes Gut - ehrlicher Hilfsbereitschaft und Engagement.

VG

Bushin

Geschrieben um 20:32 am 27.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Hannes
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Zitat:

Weils oben erwähnt wurde hier mal eine Rezension aus dem Forum zu eben schon erwähntem "Schatten über London":

http://forum.ifzentrale.de/viewtopic.php?t=799&sid=4ff4e0c620c6b094babe880e1e951f46

Das hier ist eine total schöne, kurze Rezension!

Na ja... das ist sicherlich eine ermutigende Meinungsäußerung und wenn das das Ziel war, absolut gelungen! Aber als "Rezension" taugt das meiner Meinung nach nicht, weil es schlicht und einfach für sich selbst nicht verständlich ist. Wer das Spiel nicht gespielt hat, kann damit nichts anfangen. Der Text hat keine Struktur, keinen roten Faden.

Ich gehe davon aus, dass das auch gar nicht Maiks Intention war, aber das jetzt als vorbildliche Rezension hervorzuholen, finde ich schon etwas seltsam.

Zitat:

Irgend ein Horror-Adventure. Unter anderem war da zu lesen, dass "die Texte viel zu lang seien. Der Autor sollte sie um die Hälfte kürzen, ist aber dafür nicht ansprechbar."

Naja - Wirkung auf mich in Kombination mit den restlichen Mängeln: hab keinen Bock mehr drauf, abgehakt.

Da muss ich dir absolut zustimmen. Das ist ein weiterer essentieller Unterschied zwischen Betatesting und Rezensionen: Letzteres muss mit einem möglichst großen Abstand von Subjekt und Autor geschehen. Solche persönlichen Kleinfehden bzgl. "der Autor hört nicht auf mich" haben da absolut nichts zu suchen.

Geschrieben um 00:34 am 28.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
proc
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Bushin:

natürlich kann man auch Fach-Kritiken so nett schreiben, dass der Autor dadurch animiert wird, Gas zu geben statt sich als "Versager" zu fühlen

Ein wenig Chili darf schon in die Soße, und glücklicherweise fliegen hier auch mal die Fetzen. Ich finde es in puncto Autorenmotivation störender, dass neue Spiele, wenn überhaupt, eine marginale Reaktion zeitigen. Ich wollt's genauer wissen, hab mir die letzten zehn Spiele und die Diskussionen darüber aus dem Forum gefummelt und direkte Reaktionen zum Spiel außerhalb von Reviews gesucht, selbst wenn es auch nur ein "toll, endlich mal wieder ein Spiel" sein sollte:

Das war mal anders, und interessant finde ich insgesamt die geringfügigen Reaktionen auf Spiele außerhalb von Wettbewerben. Sie vermitteln wenig Interesse, wobei sich einiges über den direkten Draht abspielen dürfte. Ich möchte mit diesem Beispiel nur mal die Autorenmotivationsfrage von den Reviews losreißen und essayartig eine These in den Raum stellen: Könnte eine heute als quasi-Professionalisierung empfundene Herangehensweise an Spiele der Grund für die Stille im Wald und letztlich ein Abschreckungsmoment sein? Ich sehe z.B. folgende Entwicklung:

  • Nach dem ersten GP 2010 nach vielen Jahren sind öffentlich verfügbar auf deutsch nur noch Inform 7-Spiele entstanden.
  • Das hat meiner Ansicht nach mit der Verfügbarkeit von GerX zu tun, das in einer arbeitsfähigen Form seit Herbst 2009 zur Verfügung steht und auf den GP 2010 hin noch heftigst geschliffen wurde. (Martin, natürlich auch mit deform, ohne das wir vermutlich bis heute kein I7 nutzen könnten!)
  • I7 bietet schon eine unglaubliche Vielfalt an Tutorials, Extensions und Codefetzen für alle Gelegenheiten, Quelltexte komplexer deutscher Spiele führten aber zum Dammbruch, wie zumindest ein neuer Autor selbst berichtet.
  • Inform 7 hat sich zum Quasi-Standard entwickelt, dessen Möglichkeiten sind zur Messlatte für Spiele überhaupt geworden. (Dass I6 Gleiches kann, steht dabei außer Frage, es wurde in den vergangenen beiden Jahren außer in "Absturzmomente" eben nicht verwendet.)
  • Die Spiele sind in den vergangenen Jahren unabhängig von der Sprache ausgefeilter und komplexer geworden, und mit ihnen die Erwartung der Spieler.

Ich fand den statistischen Ausreißer in den Reaktionen über Der Garten vor dem Hintergrund interessant, dass auch ein Betreiber eines prominenten Adventure-Portals sich zu Wort gemeldet hat, was später nicht mehr der Fall war. Es war allerdings das erste Spiel nach dem GP, das im Forum angekündigt wurde und überhaupt als erstes Spiel danach wahrgenommen sein könnte. Für die anderen beiden davor (Die Gerechten Richter, Mariel) fand ich keine Ankündigungen im Forum. Vielleicht hat es auch etwas mit dem Fantasy-Setting zu tun, wobei Gorgonir oder Die rote Blume außerhalb von Rezensionen keine Reaktionen bewirkten. Wie auch immer, ich wollte hier einmal die Frage aufwerfen, in welcher Beziehung die Forderung nach Qualität zur Einstiegshürde neuer Autoren steht.

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Geschrieben um 01:08 am 28.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Mikawa
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Ein sehr interessanter Thread, der ja nur noch bedingt was mit dem "ich spiele IF, weil" zu tun hat.

Die aktuellen Posts werfen eine meiner Lieblingsfragen auf: Für WEN schreibt man eigentlich ein Textadventure?

Für einen selbst wohl kaum, denn dann kennt man ja schon die Lösung ;-)

Wie man es dreht und wendet, die momentane Situation lässt nur einen Schluss zu: Autoren schreiben für Autoren. Und zwar einen sehr kleinen, beschränkten Kreis.

Bei "Ares" habe ich spärliches Feedback, auch von außerhalb bekommen -- sprich Leuten, die hier im Forum gar nicht Mitglied sind. Aber wirklich nur sehr spärlich. Im großen und ganzen dreht es sich um die Einstiegshürde. Hier stimme ich Hannes (obwohl ich ihm in vielen anderen Punkten recht gebe) gar nicht zu -- Informationen für Einsteiger sind extrem wichtig. Ich denke mal an die Zeit zurück, wo ich mit (englischer) IF begonnen habe, das war in den 80er Jahren.

Für mich war KEINES der Spiele in irgendeiner Weise spielbar, was zum Teil an dem speziellen Wortschatz lag, und natürlich an der Fremdsprache Englisch. Dennoch haben mich die Spiele (insbesondere die Magnetic Scrolls Reihe) fasziniert, da sie ansprechende Texte und eine reiche Spielwelt hatten, herrlich verrückt waren und ja sehr wohl einige der besten Grafiken enthielten, die zum damaligen Zeitpunkt möglich waren.

Heute, mit großem Abstand, mit eigener Erfahrung in Autorensystemen ist für mich Vieles transparenter geworden. Aber ohne den Background von Inform 7 ist es extrem schwer. Wer kommt schon drauf, dass man etwas reiben kann? Oder dass gerade Winken zum Standardwortschatz gehört, Emotionen wie Lachen und Weinen aber nicht?

Geschweige denn die irrsinnigen Konventionen zur Konversation? Die sind ja so komplex, dass man selbst als Autor kaum alle Eventualitäten abdecken kann, und die zahlreichen Skripte, die ich bereits erhalten habe, zeigen, dass auch die Tester da nicht gänzlich durchblicken.

Aber Ziel ist, mit einem Spiel eine breitere Masse erreichen. Für den Aufwand des Schreibens steht eine Spieleranzahl kleiner als 10 Leute in keinster Weise im Verhältnis. Jedes Casual Game hat da mehr Spieler, obwohl die zum Teil grottenschlecht sind.

Wir sollten uns alle mal an der Nase fassen und uns fragen, wie wir mehr Leute erreichen können.

Warum ist IFwizz eine fast immer aktuelle, hervorragend gemachte Seite, aber es schreibt keiner Rezensionen rein? Das ist doch die Plattform schlechthin? Eine solche Seite hat nicht mal die englischsprachige Community. Warum wirkt das Forum manchmal wie tot? Warum kriegt man oft richtig gutes Feedback erst NACH der Veröffentlichung von einem Spiel? Warum manchmal gar nicht?

Fragen über Fragen, ich bin mir sicher, die Lösung dieser Probleme würde uns Möglichkeiten eröffnen, von denen wir nie zu träumen wagten.

Grüße,

Michael

Geschrieben um 03:03 am 28.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Bachelor Gumby
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Ich denke, es führt nichts daran vorbei, weitere Spieler anzusprechen, wenn man das Genre Textadventure dauerhaft am Leben erhalten will. Wenn man hier im Forum so über die Jahre schaut, hat man das Gefühl, dass immer etwa zehn Leute aktiv sind - mal verschwindet einer, dafür kommt wieder jemand nach.

Mit als Autor reicht es nicht, mich nur an diesen auserwählten Kreis zu richten - dafür ist die Mühe mir einfach zu groß. (Obwohl man hier natürlich auf Kenner trifft, die manches vielleicht besser würdigen können, Anspielungen verstehen etc.)

Mein Spiel "Die rote Blume" haben zusätzlich etwa zehn Personen aus meinem Familien- und Freundeskreis gespielt. Die relativ leichten Rätsel des Spiels gehen explizit davon aus, dass das Spiel auch von Neulingen bewältigt werden können soll, die teils überhaupt keine Computerspiele spielen. Ich habe zu diesem Zweck sogar eine CD mit Autostartmenü erstellt, auf der alle Materialien - zu denen hat übrigens niemand etwas gesagt, das werde ich mir beim nächsten Mal wohl sparen - samt Interpreter über ein grafisches Menü anwählbar waren. Ich wollte die Einstiegshürde damit so gering wie möglich machen und bin deshalb auch für Einführungstexte und Tutorials. Dass wir wissen, wie man Textadventures spielt, ist klar; außerhalb dieses Forums wird es schon eng.

Ganz so pessimistisch sehe ich die Lage übrigens nicht: Meine Homepage www.textabenteuer.org hat zuverlässig jeden Monat mehrmals über 100 Zugriffe pro Tag (z. B. vorgestern 170, gestern 102), wobei die Megabyteangaben in meiner Statistik durchaus darauf schließen lassen, dass mein Spiel tatsächlich gespielt wird (viel mehr gibt es dort ja zur Zeit noch nicht). Über die Kontaktadresse habe ich auch immerhin zwei Rückmeldungen mit kurzer Bewertung erhalten, und zwar von Personen, die m. W. nicht in diesem Forum aktiv sind. Das hat mich besonders gefreut, da inhaltliche Reaktionen hier im Forum tatsächlich kaum vorhanden waren.

Also: Ich versuche möglichst viele Spieler zu gewinnen und blicke dabei auf jeden Fall über den Tellerrand des Forums. Vielleicht sollten wir in einem eigenen Thread mal darüber nachdenken, wie man mehr Öffentlichkeit bekommt.

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