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Ich spiele IF-Spiele, weil...

Geschrieben um 12:51 am 19.01.2004 | Zitat | Editieren | Löschen
Maschmello
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Beiträge: 92

Hallo,

ich will verschiedene Gründe von verschiedenen Personen sammeln, warum sie TAs spielen (eigentlich braucht man das ja nicht begründen :wink: ).

Ich mach mal den Anfang:

Ich spiele IF-Spiele, weil der Spieler sich in einer Umgebung befindet, in der er alles ausprobieren kann, was er will.

Die Story, die ja das Wichtigste für mich ist, steht im Vordergrund (inkl. der Umsetzung). Ich möchte mich dabei von einer Geschichte unterhalten lassen, nicht von Grafiken und Animationen.

Während des Spieles kann ich meine eigene Musik hören (und nicht die Musik, die von den Entwicklern vorgeworfen wird) ohne wichtige Information währrend des Spielens zu verpassen.

Viele sinnlose Extra-Rätsel bleiben mir erspart (z.B. das puzzlen eines Puzzles, das man fertig haben muss, sonst geht es nicht weiter), in TAs tauchen anspruchsvolle Rätsel auf, wie das Knacken eines Codes oder das Töten einer Waschfrau im Bad mittels eines Fönes.

Durch TAs werden Bereiche im Kopf trainiert, die 3D-Ego-Shooter-Zocker-Leute nicht einmal besitzen.

Doch der wichtigste Punkt meinerseite ist (ich betone meinerseite):

IF-Spiele sind in dieser heutigen Gesellschaft NICHT MAINSTREAM!!

Jetzt seid Ihr mal dran:

Geschrieben um 21:37 am 05.02.2004 | Zitat | Editieren | Löschen
Maik
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Beiträge: 199

Ich spiele TA's, weil sie, wenn man sich etwas konzentriert, viel Spaß machen können und fesselnder sein können als manches Xbox-Spiel. Ich denke auch, das TA's den Bereich Kopf trainieren; du hast mehr Kommandos zur Auswahl, kannst dir aber Zeit lassen, lernst andere Möglichkeiten zur Lösung von Problemen ;). Natürlich werden Vorstellungs-Kraft und Gefühle angeregt, wie bei Büchern halt, nur interaktiver.

Geschrieben um 15:03 am 13.07.2004 | Zitat | Editieren | Löschen
TAG-Amateur
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Master Gumby
Beiträge: 103

Ich spiele TA's, weil's Spaß macht! :)

Geschrieben um 15:35 am 13.07.2004 | Zitat | Editieren | Löschen
QBMaik
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Haha, kann ich verstehen!

Geschrieben um 23:42 am 13.07.2004 | Zitat | Editieren | Löschen
binzl
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Master Gumby
Beiträge: 98

Maschmello:

IF-Spiele sind in dieser heutigen Gesellschaft NICHT MAINSTREAM!!

Das erster Textadventure wurde auf einem MAINSTREAM programmiert :-)

Ansonsten Dito...

Geschrieben um 23:07 am 01.08.2005 | Zitat | Editieren | Löschen
zoidberg
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Beiträge: 24

Ich spiele sie weil es Spaß macht, weil die Vorstellungskraft und Phantasie wie in Büchern im Kopf die Grafik ausmacht und weil ich das Grübeln bei den Rätseln mag.

Geschrieben um 02:43 am 30.10.2005 | Zitat | Editieren | Löschen
Gnoxx
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Beiträge: 3

binzl:

Maschmello:

IF-Spiele sind in dieser heutigen Gesellschaft NICHT MAINSTREAM!!

Das erster Textadventure wurde auf einem MAINSTREAM programmiert :-)

Ansonsten Dito...

...Hä? Raff i net...

Geschrieben um 11:41 am 30.10.2005 | Zitat | Editieren | Löschen
Sophie
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Gnoxx:

binzl:

Maschmello: IF-Spiele sind in dieser heutigen Gesellschaft NICHT MAINSTREAM!!

Das erster Textadventure wurde auf einem MAINSTREAM programmiert :-)

Ansonsten Dito...

...Hä? Raff i net...

Nä, ich hab gedacht, PDP-10 war nicht so Mainstream. Aber ich war ja noch sehr jung, damals, also, was weiß ich.

Geschrieben um 09:46 am 01.11.2005 | Zitat | Editieren | Löschen
GastAlly
Gast

Vielleicht meinte er auch "Mainframe"?

Geschrieben um 17:26 am 06.11.2005 | Zitat | Editieren | Löschen
MajKSM
Gast

Ich spiele IF einfach so und ohne Grund.

Geschrieben um 12:31 am 05.07.2009 | Zitat | Editieren | Löschen
Patrick34
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Wir spielen if wenn wir Lust haben

Geschrieben um 22:09 am 28.05.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
scramble
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Baby Gumby
Beiträge: 5

Vorsicht, untoter Thread ;)

Zuerst mal, hm, komische Frage. "Ich lese Bücher, weil..." oder "Ich schaue Filme, weil..." fragt sich ja auch schon lange keiner mehr.

Nach tagelanger Diskussion über IF auf dem IF Treffen MUC würde ich die Frage für mich persönlich so beantworten:

"Ich spiele IF weil dieses spezielle Computerspiel-Genre besondere Stärken hat, die mich sehr ansprechen."

Duh, klingt ja arg verklausuliert. Was sind denn diese vielgepriesenen Stärken? Nun ja, in der Hauptsache:

  1. IF ist Indie

  2. Die Prosa

IF ist Indie

Das würde jetzt wohl keiner anzweifeln. Das schöne an IF ist dass jeder mit ein bisschen (ok, einigem) Aufwand selbst ein Spiel zimmern kann. Dadurch gibt es IF mit Themen und Inhalten, die es in kommerziellen Computerspielen nie gegeben hätte.

IF ist, zusammen mit Grafikadventures, ja ein Genre dass sich leicht tut Geschichten zu erzählen. Wenn jetzt die Interaktivität in den richtigen Dosen und an sinnvollen & bedeutsamen Stellen reingebracht wird kann IF so viel mehr als eine statische Geschichte mit ein paar Rätseln sein.

Aber auch ein gut gemachtes Spiel das den Spieler nur als "Erfüllungsgehilfen" der Geschichte benutzt kann durch die (im Vergleich zum Buch) stärkere Immersion einen immensen Impact haben.

Die Prosa

Die tolle Sache an Prosa ist dass man als Autor beliebig viel Kontext mit dazu packen kann. Gedanken des Protagonisten, Charakterisierung des Protagonisten, Erklärung des Settings, Andeutung des Spielziels...

Außerdem gint es ein paar ziemlich schlaue Tricks, die nur im Medium Text funktionieren. Wer der hier Anwesenden hat "Glowgrass" gespielt? Wer "Ecdysis"? Das sind Besispiele für eine clevere Verwendung des Mediums. Aber natürlich kann und muss nicht jedes Spiel in dieser Hinsicht innovativ sein.

Aber nicht alles ist toll im IF-Land.

Ich geb's zu, ich bin verwöhnt, aber ich neige dazu ziemlich schnell ein Spiel wieder zur Seite zu legen wenn ich nicht richtig reinkomme. Wenn mich die Schreibe nicht nach 5 Minuten packt ist es aus. Rätsellastige oder "schwierige" Spiele sind mir ein Graus. Ich bin mehr hinter der Message, dem Erleben her. "Nightfall" hat mich z.B. nachhaltig beeindruckt.

Aber bitte, bitte, bitte, erwartet nicht von mir dass ich etwas auch nur von weitem anschaue dass der Autor als "old school" beschreibt. Der beste cave crawl den ich kenne ist "Hunter, In Darkness". Aber fast alles andere in der Richtung qualifiziert sich im Zweifel als Gurke.

*Warum funktioniert Hunter?

Hunter wirkt vor allem durch Immersion, Härte, Grausamkeit des Settings. Hunter ist IF gewordene OSR, insbesondere Lamentations Of The Flame Princess(google it)*

PS: Man verzeihe mir bitte die ganzen Anglizismen. Ich bin in der Hauptsache in der englischsprachigen IF- und Indie-RPG-Szene unterwegs.

Geschrieben um 18:46 am 11.08.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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Beiträge: 671

Herrn scramble kann ich in weiten Teilen zustimmen. Der Indie-Aspekt ist für mich als Freund von Undergroundkultur ansprechend, aber am faszinierendsten finde ich die (interaktive) Prosa. Ein Blatt Papier, ein Stift, ein Rechner und die Imaginationskraft einer Autorin reichen aus, um einen in eine andere Welt zu verfrachten, ob das jetzt ein Höhlensystem sein mag oder eher eine surreale Landschaft aus einem Max Ernst-Bild.

Im Gegensatz zu scramble stehe ich allerdings schon auf oldschool im Sinne von Zork und Planetfall, und schwer darf's auch sein, wenn's halbwegs fair bleibt, das ist mir lieber als hochgezüchtete storybasierte Ungetüme, die eine Bauchlandung machen (meine Erfahrung mit Photopia zum Beispiel, aber das nur am Rande). Womit ich nichts gegen storybasierte Spiele sagen möchte, ganz im Gegenteil, und avantgarde darf's auch gern sein!

Geschrieben um 22:05 am 22.08.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Mikawa
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Prof Gumby
Beiträge: 324

Hmmm,

Zitat:

Aber bitte, bitte, bitte, erwartet nicht von mir dass ich etwas auch nur von weitem anschaue dass der Autor als "old school" beschreibt. Der beste cave crawl den ich kenne ist "Hunter, In Darkness". Aber fast alles andere in der Richtung qualifiziert sich im Zweifel als Gurke.

Ich finde den Terminus "old school" sehr schwierig ... was versteht Ihr denn eigentlich darunter?

Für mich wären das ultrakurze Texte und viele sehr kurze Standard-Antworten. Damals musste ja vor allem Speicher gespart werden, dann noch viele Locations und wenig story-vorantreibende "Scenes" und viel Rätsel, die auch sehr schwer sein durften mit sehr vielen Todesmöglichkeiten.

Das war's auch schon, was mir dazu einfällt. Das mag ich auch weniger, denn ich bin nicht so der Rätsel-Freak, sondern mag es gerne, wenn das Pacing stimmt -- der Spieler hält sich nicht allzulange an ein und demselben Ort auf und hat immer wieder wechselnde Texte zu lesen.

An den Rätseln selbst möchte ich das Wort "old school" nicht festmachen. Ich nenne jetzt mal zwei ziemlich kontroverse Spiele:

Elysium Enigma von Eric Eve und Galatea von Emily Short

--- SPOILER ---

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Elysium ist ein sehr klassisch gehaltenes Spiel, bei dem schon einige haarige Rätsel zu lösen sind, aber eingebettet in ein unheimlich liebevoll gestaltetes Setting mit konsistenten Charakteren und einer Spielwelt, die sich nach und nach erweitert. Dazu kommen gekonnt eingesetzte Entdeckungen, die nach und nach einige Überraschungen enthüllen.

Galatea ist eher Erzählung als Spiel, mit sehr vielen Interaktionsmöglichkeiten, die allesamt unterschiedliche Reaktionen bei Galatea hervorrufen, sei es positive aber auch negative. Und genau darin entfaltet es seinen Reiz, auszuprobieren, was die Handlungen des Spielers bewirken und welches Ende dann erreicht wird.

Und hier liegt genau der Unterschied. Bei Elysium sind die Rätsel Hindernis, also eine Art Regulator, die sicherstellen, dass der Spieler wichtige Informationen quasi "peu a peu" erhält und bei Galatea sind die Rätsel gleichzeitig ein Mechanismus, der Reaktionen und Emotionen weckt und das Ende beeinflusst.

Nun, was gefällt mir besser? Ich kann es nicht sagen, denn beide Spiele haben mich gefesselt. Das ist wie bei einem Buch: Manchmal vergebe ich klare Einstufungen, weil mir manche Themen oder mancher Schreibstil nicht so liegt, aber meistens gefällt es mir einfach oder nicht -- also eine rein subjektive Entscheidung.

Wie geht es Euch damit?

-- MI

Geschrieben um 09:50 am 26.08.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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Retired Gumby
Beiträge: 671

Old School heißt für mich Puzzleorientierung, Inventory-Limit, Karten zeichnen. Auch ich fand Galatea hinreißend und will jetzt hier auf keinen Fall was gegen avantgardistische Ansätze sagen, aber ich mag IF am liebsten, wenn es eine Challenge gibt, ein bisschen wie Schach spielen; wobei sich beides ja nicht ausschließen muss. Old School heißt für mich aber nicht unfair. Meine Erfahrungen mit nur storydriven IF sind bisher eher unerfreulich, aber ich stehe erst am Anfang und lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen.

Geschrieben um 17:17 am 24.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
Bushin
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Bachelor Gumby
Beiträge: 53

Servus :-)

Gibt ja Threads, die ziehen sich über Jahre g warum also nicht...

Hm...mein erstes Adventure war Hellowoon am C64. Das (eiegntlich recht simple) Spiel hat es damals geschafft mich nächtelang an den Rechner zu fesseln. Das war so faszinierend, dass ich mich selbst damit beschäftigen wollte, wie man solche Programme schreibt, was ich dann auch getan hatte.

Damals war vor allem faszinierend, dass ich mit meinem Rechner plötzlich kommunizieren konnte, dass das Teil geantwortet hat und die Geschichte selbst: das Abtauchen in eine andere geheimnisvolle Welt.

Als ich selbst anfing, kleine Programme zu schreiben, kam eine zusätzliche Komponente hinzu: da wurden plötzlich kleine Miniwelten lebendig, die in meinem Kopf entstanden waren. Ich weiß noch genau, wie ich mich darüber gefreut hatte, wie mein erstes in Basic gebasteltes Schwert zu einem mental handelbaren Objekt wurde.

Etwa 25 Jahre später glaube ich, genauer sagen zu können, was es ist, was an diesen Spielen mitunter so wertvoll ist für mich: die Imagination.

Die nämlich halte ich für eine der wesentlichsten Grundlagen des "Menschseins": die Fähigkeit des Bewusstseins und der daraus resultierenden Wahrnehmung ist eng an die Möglichkeit gebunden, sich etwas vor zu stellen. Wenn aus einem beliebigen Wissen kraftvolle "Bilder" resultieren, die lebendig wirken, dann fasziniert es, dann "beGEISTERT" es. Für mich ist Bewusstsein, Wahrnehmung und Imagination eine wesentliche Grundlage menschlichen Lebens.

Im Prinzip gilt das auch im Zeitalter der Grafikgames. Wenn ich ganz ehrlich bin gab es nur wenige Grafikabenteuer oder auch Rollenspiele, die mich wirklich in den Bann geschlagen hatten. Ich denke (oder hoffe), dass jeder gute Spielentwickler weiß: die bombigste Grafik, Animation, Soundkulisse etc. ist nicht viel wert, wenn die Geschichte nicht zu fesseln vermag. Und die entsteht meiner Überzeugung nach im Kopf des Spielers. Letztlich ist das Programm (oder der Film, das Musikstück, das Buch...) nur das "Medium", oder die "Pforte" durch die der Spieler eine solche innere Welt entstehen lassen und lebendig erfahren kann.

Kleines Beispiel: Eines der besten Spiele dieser Art war seinerzeit IMHO "Gothic". Die ersten zwei Teile waren für mich ein Brüller, ein Feuerwerk an Atmossphäre, Abenteuer und Faszination. Komisch: obwohl die Nachfolger sehr viel extremer in ihrer technischen Aufmachung waren - da war die Luft raus, das hat nicht mehr so fasziniert, ich habe da kein großartiges Abenteuer mehr empfunden dabei.

(Ein anderes Beispiel in der Richtung war "Thief" - ich bin schon gespannt, ob der vierte Teil auch nur annähernd mit dem ersten mithalten kann dereinst...)

Ein Textadventure - auf Grund der schlichten Präsentation ist es regelrecht gezwungen, eine Geschichte massiv in den Vordergrund zu stellen und so zu erzählen, dass der Spieler davon in den Bann geschlagen wird. In den Bann (= die Fesselung) seiner eigenen Vorstellungskraft letztlich.

Für mich ist Infocom eine der Firmen (es gibt da sehr viel mehr), die das Prinzip von vorne bis hinten begriffen hatte. Eigentlich ist es vollkommen rätselhaft, wie es jemand schafft, mit einer rein textuellen Gameengnigne solche athmossphärischen Einschläger zu produzieren. Es sei denn, man weiß, dass der beste Grafik und Story - Prozessor vorerst das menschliche Gehirn ist und bleibt. (Für Leute, die gern Bücher lesen, meditieren oder Schach spielen allerdings ist das wohl eher nichts Ungewöhnliches.)

Ich liebe die Rätsel in den Klassikern. Wenn die gut gemacht sind ziehen sie den Spieler noch tiefer in den Bann der Spielathmossphäre. Sie intensivieren die Imagination und sie zwingen den Spieler regelrecht, tief einzutauchen in die Welt seiner inneren Bilder.

Auch dazu ein Beispiel, diesmal aus Zork 1:

VORSICHT SPOILER!!!

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Jeder der das gespielt hat wird sich an die Trapdoor im Wohnzimmer erinnern. Die unter dem Teppich. Ich muss ja zugeben, dort eine ganze Zeit lang nach dem Zugang zur Unterwelt gesucht zu haben. Irgendwann kam mir der Gedanke: "naja, das ist ein Märchen, vielleicht ist das ja ein fliegender Teppich, dieser orientalische da" - dessen Musterung ich ganz deutlich vor meinem inneren Auge gesehen hatte. Also hab ich mich kurzerhand da drauf gesetzt. Die Spielantwort auf die Aktion war, dass da irgendwas unter dem teppich sich komisch anfühlt (oder in der Art) und dass man vor Schreck wieder aufspringt vom Boden. g Weiß noch genau, dass ich im selben Moment áuch geistig regelrecht von dem Teppich hochgesprungen bin, weil unter meinem geistigen Hintern etwas seltsames unter dem Teppich zu fühlen war.

Für solche kleinen Aktionen könnte ich die Jungs und Mädels von Infocom noch heute abknutschen :-)) Das ist für mich die Meisterleistung eines Autors, solche Spielzüge zu bedenken und entsprechend zu implementieren. Diese kleine dumme Verzweiflungstat, mich auf den Teppich zu hocken, hat letztlich geholfen, das kleine Rätselchen zu lösen...man wie geil ist das eigentlich? Ein Grafikadventure kann so etwas nur schwerlich leisten.

Heute, mit den Rechner- und Speicherleistungen muss da Textadventure - mäßig eigentlich alles drin sein! Da müssten ganze Welten programmiert werden können in einer Farbenfreude, die für mich noch unvorstellbar ist. Der Erzähler hat keine Textlimitierung mehr, weil ihm einfach der Speicher ausgeht. Im Gegenteil, er kann sich voll austoben (und dabei wahrscheinlich auch den Fehler machen, zu viel zu labern..) und seine Welt in allen Einzelheiten modellieren. Das eröffnet neue Möglichkeiten - vielleicht auch etwas, was mich heute erneut in den IF Bann schlägt. Ich warte verzweifelt auf das erste deutsche Spiel, dass diese Möglichkeiten ausschöpft.

Ich selbst entwickel gerade eine Geschichte, die latent seit Jahren in meinem Hinterkopf herum gespukt ist. I7 machts scheinbar tatsächlich möglich: das Ding liegt bereits als Skelett auf meinem Rechner und wächst langsam aber stetig heran. Zu C64 Basic - Zeiten war es unmöglich, etwas in diesem Ausmaß zu entwickeln. Jetzt geht das (technisch) mit einem Daumenschnippen!

Ich hoffe, dass es noch ganz viele Autoren gibt, die sich Zeit und Geduld zu nehmen versuchen, das Potential auszureizen und Geschichten mit brutalem atmossphärischem Ausmaß zu entwickeln. Denn: IF ist für mich die wertvollste Form von Computerspielen, die jemals erdacht wurde. Und ich wünsche mir, dass ich noch mal die Gelegenheit bekomme, in meiner Muttersprache ein solches Spiel zu spielen.

Der If Autor hats IMHO nicht leicht: er muss zwei Seiten der Wirklichkeit zu einem Ganzen vereinigen. Die eine ist die technische Präsentation. Da schlägt die Intelligenz eines gewieften Programmierers zu. Die andere ist die des Erzählers. Ein guter Erzähler hat meiner Meinung nach mindestens zwei Eigenschaften: eine gute Imagination und die Fähigkeit, diese auszudrücken, damit andere da einsteigen können mit ihrer eigenen Vorstellungskraft. Soweit es mich betrifft: das macht Spaß! Ich möchte alle ermutigen, die sich mit dem Gedanken der IF Entwicklung tragen g - das auch zu tun. Das Genre lebt von Euren letztlich geistigen Fähigkeiten und vor allem: diese via Programmcode zu manifestieren. Und weil es mindestens ebenso viel Spaß macht, die eigenen Welten lebendig werden zu lassen wie in die anderer Autoren abzutauchen: enjoy!

(Ähem...in diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an die Autoren des Herbstlaubwettbewerbs! Ich habe es sehr inspirierend empfunden, Eure Geschichten zu spielen. Weiter so!)

VG

Bushin

Geschrieben um 17:36 am 24.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
stadtgorilla
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Hallo, vielen Dank für das Lob und den ausführlichen, sehr schönen Text, dem ich mich nur anschließen kann, denn meine Meinung ist mit deiner weitgehend kongruent. Ambition ist unsererseits auf jeden Fall da. Nachdem wir unser erstes Spiel ohne blassen Schimmer von der Materie in kürzester Zeit unser zweites mit ein bisschen mehr Ahnung und deutlich mehr Ambition geschrieben haben, planen wir für den dritten Teil extrem viel Ahnung zu haben und ein richtig dickes Ding hinzulegen. Solche Texte und Spiele wie Homunculus machen sind da recht inspirierend.

Geschrieben um 18:56 am 24.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Auch ich kann mich Bushin nur anschließen. Prinzipiell ist immer entscheidend, was im Kopf passiert, egal, über welches Medium die Inhalte vermittelt werden.

Andererseits ist der Mensch durchaus auch ein sinnliches Wesen. Auch dies gehört zum Menschsein. Musik oder bildende Kunst erschöpfen sich nicht im Erzeugen von Vorstellungen im Kopf; vielmehr haben sie einen ganz besonderen ästhetischen Eigenwert. Die Musik z. B. wirkt ohne Bilder und ohne Vorstellungen direkt auf die Empfindung, was sie innerhalb der Künste je nach philosophischer Gesinnung auf Platz eins oder unter ferner liefen rangieren lässt.

Im Grunde erinnern mich Bushins Worte an Kants Idee vom freien Spiel der Erkenntniskräfte. Ich lese einen Text, betrachte ein Bild (spiele ein Spiel) und meine sämtlichen intellektuellen, moralischen und urteilenden Fähigkeiten werden aktiviert, völlig ungezwungen und ohne einen externen Nutzen zu verfolgen. Das macht einfach Spaß!

Zitat:

Der If Autor hats IMHO nicht leicht: er muss zwei Seiten der Wirklichkeit zu einem Ganzen vereinigen.

Ich denke, es sind noch mehr Seiten. Als IF-Autor muss man

  1. eine Geschichte erzählen

  2. ein Spiel (im weitesten Sinne) designen

  3. eine Art Programmiersprache erlernen und beherrschen

  4. ansprechend schreiben

Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass der geneigte IF-Autor Dinge können muss, die üblicherweise ein ganzes Team übernimmt. Gute Autoren haben vielleicht keine Lust auf das Programmieren und Informatiker sind nicht zwangsläufig brillante Erzähler ...

Ich denke, wenn wir mehr deutsche Spiele wollen, müssen wir vor allem Mut machen und vor übertriebener Selbstkritik warnen. In einem Buch über Game Design habe ich einmal die Weisheit gelesen, die ersten zehn Spiele würden sowieso schlecht, also sollte man sie schnell hinter sich bringen. Deswegen wird es bei mir auch keine Versionen 3, 4, 5, ... geben. Klar, die gröbsten Schnitzer bügelt man aus, aber dann: Auf zum nächsten Projekt mit neuen Herausforderungen, neuen Fehlern, neuen Erkenntnissen!

Geschrieben um 00:16 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
ChristianB
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Moin Frank!

FrankS:

In einem Buch über Game Design habe ich einmal die Weisheit gelesen, die ersten zehn Spiele würden sowieso schlecht, also sollte man sie schnell hinter sich bringen.

Das ist meines Erachtens genau die Methode, mit der ganz gezielt ein riesiger Haufen halbfertiger Spiele produziert wird, die dann mögliche Erstspieler in die Finger kriegen und sagen: "Nette Idee, aber unausgereift, gibt's nicht irgendwo was Fertiges? Ein richtig großes deutsches Textadventure? Ein deutsches Photopia?"

Warum sollte sich ein Spieler intensiv mit einer Geschichte beschäftigen, die ein Autor nur hingehuschelt hat (und der Spieler das permanent spürt), nur damit die ersten zehn Spiele in seiner Ludographie stehen? Ich meine, dass Projekte sehr wohl reifen können (und sollten), so wie es bei Curses oder Anchorhead der Fall war. Mann kann als Autor problemlos Stoffe in unterschiedlichen Reifegraden in Arbeit haben, finde ich. Und es soll ja Spieler geben, die es lieben, wenn ein Spiel immer weiter wächst und sie es alle 6 Monate neu versuchen können und sich über neue Entwicklungen (die vielleicht sogar auf einem ihrer Vorschläge beruhen) sehr freuen. Munkelt man.

Ein Beispiel für ein vielversprechendes, jedoch unfertiges, unter Fehlern leidendes deutsches Spiel aus den letzen Jahren ist z.B. Schatten über London von Martin Vincenz (2006). Martin hat von Anfang an deutlich gemacht, dass er das Spiel nicht überarbeiten wird, was ich sehr, sehr schade finde, denn daraus könnte echt ein richtig solider IF-Krimi werden. So haben wir wieder nur ein Spiel mehr in der IFDB, das Einsteigern möglicherweise den Spaß und die Lust auf mehr nimmt.

Was ist denn das für ein Game-Design-Buch, in dem Du diesen Tipp gefunden hast?

Viele Grüße,

Christian

Geschrieben um 01:18 am 25.11.2011 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Hallo Christian,

es geht mir nicht um ein Plädoyer für schlechte Spiele und sicherlich würde ich mich über die ganz großen Würfe freuen, aber ich habe das Gefühl, dass viele, die sich für das Thema interessieren, das Handtuch werfen, weil sie mit ihren ersten Versuchen nicht zufrieden sind.

Da gibt es die Leute, die DAS Spiel der Spiele konzipieren - leider wird es nie fertig. Da wären mir zwei, drei bescheidenere Versuche lieber. Die Erfahrungen, die man dabei sammelt - und dazu gehören die freundlichen Kommentare hier im Forum - helfen einem, irgendwann etwas richtig Tolles zustande zu bringen. Man muss seine ersten Versuche ja nicht als Wettbewerbsbeiträge einreichen oder großartig die Werbetrommel dafür rühren; aber man sollte sie schon anderen zeigen und die Rückmeldungen auswerten.

Sollte man einem angehenden Maler sagen, dass er seine ersten Skizzen lieber für sich behalten und lieber gleich mit dem großformatigen Gemälde kommen soll? Auch ein Schriftsteller wird nach Jahren vielleicht mit gemischten Gefühlen auf seine ersten Werke blicken, diese aber deshalb sicher nicht ständig überarbeiten und neu herausbringen. In dem Moment, wo ich etwas veröffentliche, ziehe ich für mich persönlich einen Schlussstrich darunter.

Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn mehr Spiele fertig würden, und seien es auch nur kleine, unausgereifte. Mancher wird sich nach getaner Arbeit sagen, dass es doch nichts für ihn ist, aber dafür wenigstens ein Ergebnis in der Hand halten. Dass dieses in keiner IF Hall of Fame auftauchen wird, finde ich weniger wichtig.

Ich verstehe deine Bedenken, dass unausgegorene, halbfertige Spiele neuen und alten Spielern die Lust verderben können, aber schreiben lernt man eben nur durch schreiben und Spiele entwickeln nur durch eben jenes.

Vielleicht ist es eine Frage des Umgangs. Muss jedes Spiel, das jemand hier zur Diskussiuon stellt, automatisch in die entsprechenden Datenbanken aufgenommen werden?

Der zitierte Spruch stammt aus Jesse Schells "The Art of Game Design", das neben einigem Blabla viele tolle Tipps enthält, worauf es beim Entwickeln von Spielen ankommt. Schell verwendet in dem Buch einhundert "Linsen", durch die man sein Spiel betrachten soll, z. B. die Linse "Skill vs. Chance" oder die "Lens of the Interest Curve". Die Bemerkung über die ersten zehn Spiele, die sowieso schlecht seien, meint nur, dass man als Anfänger viel zu lernen hat und nicht erwarten kann, mit seinem ersten Versuch gleich einen Volltreffer zu landen.

Ich selbst habe einige Versuche im stillen Kämmerlein gemacht und dann mit der "roten Blume" am Wettbewerb teilgenommen, wohl wissend, dass dieses Spiel weit mehr hätte sein können. In dem Moment, als ich es geschrieben habe, konnte es das aber nicht. Und auch wenn ich bei Gelegenheit in Release 2 einige üble Bugs korrigieren werde, ist das Spiel für mich eigentlich erledigt und ich wende mich einem anderen mit anderen Problemen zu. Wenn einem ein Spiel gelingt, das wirklich großes Potenzial hat, lohnt es sich natürlich, es weiter auszuarbeiten und zu verbessern, aber solche schleifenswerten Rohdiamanten habe ich bisher hierzulande kaum gesehen.

Ich für meinen Teil werde mich also munter voranarbeiten, Spiel für Spiel, bis ich die Projekte realisieren kann, für die mir momentan noch Erfahrung fehlt.

Eine letzte Sache: Dein Qualitätsanspruch spricht meiner Meinung nach gegen die IF-Wettbewerbe. Zwar könnte es sein, dass sie mit ihren Deadlines die Fertigstellung forcieren und die Motivation anstacheln, doch könnten sie auch Schuld daran tragen, dass eben halbfertige Sachen eingereicht werden, damit man "noch dabei" ist.

Gute Nacht,

Frank

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