Geschrieben um 19:26 am 17.11.2003 | Zitat | Editieren | Löschen | |
Mitglied Student Gumby Beiträge: 24 | Standard Disclaimer 1: Alles meine eigene Meinung. Deine wird mit Sicherheit abweichen. Standard Disclaimer 2: Keiner der Autoren hat mir irgendeine Vergünstigung angeboten oder gewährt. (Das soll aber niemand davon abhalten, es noch zu tun!) Vorbemerkung 1: Ich kommentiere hier nur die Spiele, die mir überwiegend gefallen haben. Die Reihenfolge ist zufällig. Ich konnte aus Zeitgründen auch nicht alle spielen, von den ersten 10 fehlen mir fünf. Vorbemerkung 2: Etwaige Multimediainhalte von Spielen bleiben völlig unberücksichtigt. Ich bin Textadventure-Purist und verwende Konsoleninterpreter. Nun aber zur Sache:
Kurzinhalt: Der Präsident besteht eine Reihe haarsträubend lustiger Abenteuer. Das Spiel ist mit dem unter finnischen Autoren offenbar verbreiteten System ALAN verfasst, worunter an manchen Stellen die Spielbarkeit etwas leidet; Alan hat wohl noch nicht die Mächtigkeit von TADS oder Inform. Sonst ist die Programmierung solide; obwohl eine Hilfefunktion fehlt ("You need no help. You are the President of the United States of America." :-), kann man sich im Spiel kaum verlaufen. Die Rätsel sind allerdings im besten Fall mit dem Wort 'launenhaft' zu bezeichnen. Nicht launenhaft, sondern launig ist der Ton und der Inhalt des Spiels. Seit den Tagen von Infocom selig habe ich nicht mehr so gelacht, auch wenn (oder gerade weil?) ein Standardklischee das andere jagt. Die Sache gipfelt, wie anders, in Finnland und mit dem befreienden Ausruf: "Korkinavaaja!" Leider ist das Spiel viel zu kurz und hat ein schon fast zerstörend abruptes Ende. (Wahrscheinlich fiel dem Autor nichts mehr ein. Schade.) -- Dennoch: Jeder sollte dieses Spiel haben -- und ein Korkinavaaja zur Hand.
Kurzinhalt: Ein Bauernjunge rettet den König und das Reich. Das zweite Spiel eines finnischen ALAN-Autors glänzt durch eine vorbildliche Benutzerführung: Zwar hat es zwei (in Worten: zwei!) Labyrinthe aufzuweisen, lässt den Spieler aber dennoch nicht irregehen. Außerdem gibt es noch gute Hints und eine in das Spiel integrierte, abschnittsweise Walkthrough-Funktion. Letztere baut allerdings darauf auf, dass das Spiel streng einlinig ist und dem Spieler keinerlei Freiheiten lässt. Die Rätsel sind dem Ambiente angepasst, leicht bis mittelschwer, aber durchaus ansprechend und gehaltvoll. Anders die Handlung, die eigentlich nur daraus besteht, bis zum König vorzudringen, ohne einer Wache zu begegnen. Auch das Ambiente reißt sicher niemand vom Hocker (IKEA-Katalog: Königsschloss, einfache Standardausführung für kleinere Königreiche). -- Dennoch ist das Spiel insbesondere für Anfänger uneingeschränkt empfehlenswert.
Kurzinhalt: Entführer und Entführte in einem Auto -- aber wer führt wen? Das Spiel ist solide programmiert; alles findet in einem Raum statt und betrifft die hauptsächlich verbale, aber auch nonverbale Interaktion der vom Spieler geführten Protagonistin mit dem NPC, der sie -- im Auftrag eines großen Bösen -- entführt hat. Das Spiel ist erzählungsorientiert statt rätselorientiert; es enthält eigentlich nur ein faires Rätsel, dessen Lösung offensichtlich ist, wenn man draufkommt (ich bin gescheitert). Die Hilfefunktion ist -- trotz eines siebenstufigen Hinweises -- unflexibel; entweder man erfährt nichts, oder man bekommt die Lösung an den Kopf geworfen. (Vielleicht war ich aber auch nur zu dumm -- oder zu eingeschüchtert -- die Hinweise 1 bis 6 zu verstehen.) Die Handlung spielt vor dem Hintergrund einer zukünftigen (dystopischen?) Welt, die nirgendwo auch nur ansatzweise erklärt wird. Einerseits erzielt die Autorin dadurch eine unnachahmliche Stimmung; das wirkt aber nur, solange man es nicht hinterfragt. Andernfalls läuft es zu sehr auf Lichtenberg hinaus: "Er hatte ein kleines Stück auf der Finsternis spielen gelernt." -- Davon einmal abgesehen, handelt es sich um lesenswerte interaktive Belletristik. Die Personen haben Tiefe, ihre Äußerungen und Handlungen sind stimmig, ihre Beweggründe wirken nachvollziehbar, nicht aufgesetzt. Ein etwas weniger schlechtes Wetter hätte es aber möglicherweise auch getan.
Kurzinhalt: Höhlenkrabbler. Allerdings hebt der Spieler keinen Schatz, sondern den irregeleiteten Sohn aus der Patsche. Ein kurzes, leichtes Spiel mit stimmigen, wenn auch an manchen Stellen schon leicht angeschlagenen Rätseln. Die Programmierung ist solide, teilweise aber unnötig umständlich (einzelne Körperteile von lästigen Käfern -- brr). Die Hilfefunktion ist vorbildlich; mit situationsabhängigen Hinweisen steigender Direktheit. Die Höhle ist handwerklich in Ordnung und nicht zu langweilig. Die Handlung ist -- fast -- klassisch einfach: der Protagonist entdeckt, dass sein Sohn sich wider alle Vernunft in eine Höhle unter dem alten Brunnen begeben hat und stürzt sich wider alle Vernunft hinterher, um ihn zu retten. Allerdings hat die Geschichte auch noch eine Moral (Rachedurst führt zur Selbstzerstörung), die außer am Anfang und am Ende des Spiels keine Erwähnung findet; so einerseits das Spielvergnügen nicht beeinträchtigt, andererseits zur sittlichen Weiterentwicklung des Spielers wahrscheinlich wenig beizutragen geeignet ist. -- Gut geeignet ist das Spiel für Anfänger oder -- da PDA-fähig -- für zwischendurch.
Kurzinhalt: Erst versucht man alles, um als blinder Passagier ins Raumschiff zu kommen, dann alles, um heil wieder herauszukommen. Ein klassisches Rätselspiel mit gut in die Handlung eingepassten, mittelschweren bis komplizierten Rätseln. Die Programmierung ist fehlerfrei und detailreich, die Hilfefunktion an manchen Stellen etwas dünn. Es ist leicht, in einem nicht mehr gewinnbaren Spielstand hängenzubleiben, ohne es zu merken, insbesondere weil die Zahl der Objekte hoch und die Tragekapazität des Spielers begrenzt ist. Kein Spiel für Anfänger. Zudem ist die Programmierung nicht fehlerfrei. Der Anfang des Spiels aber hat mir gefallen: Der Vorsitzende des Ceruleaner-Fanclubs versucht eine -- nur auserlesenen Personen vorbehaltene -- Passage zur Heimatwelt der Aliens zu erschleichen. Der Spieler wird auf dem Schiff aber ebenso herb enttäuscht wie die Spielfigur: Die Handlung ist eine SF-Seifenoper von der schlechteren Sorte; platt wie ein ceruleanischer Hamburger. Die Aliens sind konisch, haben Tentakel und unakzeptable Tischmanieren. Das Ambiente allerdings ist besser gelungen; es entsteht richtige Raumschiffatmosphäre. -- Für Rätselspielfreunde, die weniger auf die Handlung schauen, sicher eines der interessanteren Spiele dieses Wettbewerbs.
Kurzinhalt: Ein Spukhaus voller seltsamer Objekte und bezugsloser Rätsel wartet auf den völlig ahnungs- und planlosen Erben. Seltsam, dass solche Spiele immer noch geschrieben werden; noch seltsamer, dass sie Anklang finden. Bei mir scheint es derart zu wirken, dass der Autor im Vorwort nur H. P. Lovecraft zu erwähnen braucht, schon bin ich auf der Suche danach, welche Orte und Objekte diesen Etikettenschwindel rechtfertigen könnten. (Der letzte Satz ist selbstwidersprüchlich).
Kurzinhalt: Eine esoterische Meisterprüfung: Vier Rätsel mit vierfältigen Lösungsmöglichkeiten. Die Rätsel sind durchweg leicht, aber ansprechend und elegant konstruiert. Jedes hat verschiedene, weitgehend voneinander unabhängige Lösungen. Freas schafft es, dass man ihm sogar ein (ein) "Rate-das-Verb" nicht übelnimmt. Die Programmierung ist sauber, das Spiel ist eine reine Freude, aber natürlich viel zu kurz. Hinweise enthält das Spiel nicht, aber der Walkthrough ist gut geschrieben. Rätsel und Handlung fügen sich zusammen, denn die Rätsel sind die Handlung. Der Spieler kämpft um die Aufnahme in einen Meistergrad seines Ordens; er bestimmt den Ausgang dadurch, wie er die Rätsel löst. Die Beschreibungen sind allerdings eher technisch nüchtern als stimmungsvoll. -- Einsteiger mögen bestimmt die leichten und fairen Rätsel; bei erfahrenen Maestern läßt eher die Struktur des Spiels den flow aufkommen.
Kurzinhalt: Jemand löst das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit auf wahrhaft 'grauenvolle' Weise. Die Rätsel sind leicht, das Spiel ist fast schon "rätsellos" zu nennen. Die Programmierung ist nicht fehlerfrei; der Autor scheint ein- und ausschaltbare Objekte nicht zu "können" (ich kann nicht beurteilen, wie schwer das in TADS ist). Leider stört das den Anfang und entscheidend das Ende des Spiels. Die Handlung ist -- bis auf die zweite Szene im Bus -- nicht sonderlich originell: Geh' zur Arbeit, werde wegrationalisiert, erkunde die Räume hinter der verschlossenen Tür, besiege das Monster. Der Ton ist angemessen lakonisch, mit einigen Anspielungen an Zork (dort ist auch das Monster entlehnt); das beste an der Geschichte. -- Wenn die Fehler beseitigt werden, ein brauchbares Spiel für Einsteiger.
Kurzinhalt: Bedlam heißt übersetzt etwa "Klapse". Der mit dem Schlüssel ist der Arzt. Das Spiel ist solide programmiert, die mittelschweren Rätsel fügen sich harmonisch in die Spielwelt ein. Die Hinweise sind gut gemacht, außerdem läuft ein "Helferlein" immer mit. Die Handlung spielt in einer seltsam technisierten viktorianischen Epoche, die der Autor stimmungsvoll zum Leben erweckt. Nicht zuletzt deswegen hat das Spiel völlig verdient gewonnen. |