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Deutsche Spiele mit ChoiceScript?

Geschrieben um 21:43 am 16.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
pintman
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Hat sich bereits jemand an ein deutsches Werk mit ChoiceScript gewagt? Die Sprache sieht sehr einfach aus und die Firma dahinter (Choice Of Games) scheint damit auch relativ erfolgreich zu sein.

Geschrieben um 00:41 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
Mikawa
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Meines Wissens nach nicht. Die Spiele der Choice Script Reihe haben für mich allesamt einen gewaltigen Nachteil: Dieses CYOA packt mich einfach nicht so wie Parser IF, die Texte rauschen belanglos an mir vorbei, die Wahlmöglichkeiten scheinen zufällig und geben keinerlei Hinweise, in welche Richtung ich mit dadurch bewege, so sehr ich mich auch bemühe, es ist kein Land in Sicht. Bei "The Play" aus der letzen IFcomp war das jedoch anders. Aber meistens habe ich immense Probleme mit CYOA.

Wahrscheinlich ein persönliches Problem von mir.

Geschrieben um 09:27 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
pintman
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Ich muss deine Auffassung leider teilen Mikawa. Auch für mich hat das Genre bisher wenig Reiz entwickeln können. Der Vorteil ist jedoch der geringe Anspruch an die Technik und den Leser/Spieler. Deshalb hatte ich die Hoffnung, dass es gut Beispiele gibt, die ich bisher übersehen hatte.

Man muss sicher auch berücksichtigen, mit welchen Vorerfahrungen man diese Spiele spielt. Als "gewöhnlicher" Leser von Büchern kann durch die Wahlmöglichkeit eine durchaus interessante neue Dimension und Lesespaß hinzukommen - vor allem der Reiz, ein Buch erneut zu lesen steigt. Als Spieler von Parser-IF ist man sicher mehr Freiheit gewohnt, als Rollenspieler fühlt man sich vielleicht sogar durch Parser-IF noch zu eingeengt.

"The Play" habe ich bisher nur als Gewinner wahrgenommen, es aber noch nicht gespielt. Ich sollte ihm also durchaus mal eine Chance geben. Vielleicht ist das eine Richtung, in die man das Genre weiterentwickeln kann. Zumindest optisch sieht schon sehr anregend aus.

Geschrieben um 13:17 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Mir persönlich gefallen die Multiple-Choice-Abenteuer durchaus, was sicherlich mit daran liegt, dass ich schon als Jugendlicher die "Einsamer Wolf"- und "Fighting Fantasy"-Bücher verschlungen habe.

Natürlich haben diese Bücher und die digitalen Nachfolger so ihre Probleme. So sind sie

  1. oft sehr unfair,

  2. bieten oft nichtssagende Optionen an,

  3. langweilen bei wiederholtem Anlauf,

  4. sind sprachlich oft unterirdisch.

ABER: Das Potenzial ist viel größer, man müsste es nur besser ausschöpfen. CYOA ist zugänglicher für Anfänger, kann leichter eine spannende Geschichte vorantreiben, kann die Spieler vor wirklich knifflige und emotional bedeutsame Entscheidungen stellen und damit letztlich lebendiger wirken als manche "Ich laufe durch die Räume und schaue mir alles an"-IF. Es findet bei CYOA autopmatisch eine Reduktion auf die entscheidenden Elemente der Geschichte statt, ohne sie mit übertriebener Szenerie zu verwässern (gut, das ist wieder einer Frage der Qualität von IF). Es gibt Beispiele, bei denen man ganze Landstriche durchreist, unterschiedlichste Charaktere trifft und mehrere unterschiedliche Möglichkeiten hat, sein Ziel zu erreichen (oder zu scheitern).

Natürlich macht es keinen Spaß, sich für den linken oder den rechten Gang zu entscheiden, ohne zu wissen, dass am Ende des linken ein grausiger Tod, am Ende des rechten ein Schatz warten (wobei die Spannung damals schon groß war...). Wenn aber jemand auf einen zugelaufen kommt und ruft "Hilfe, ich werde verfolgt" und eine Meute hinterherrennt, die "Haltet den Strolch!" ruft, und man dann entscheiden muss, wem man beistehen will, wird es schon interessanter.

Gerade in den "Fighting Fantasy"- Bänden wurde auch immer viel experimentiert. In einem muss ein Tier per Würfelwurf durch eine gezeichnete Karte mit Koordinatensystem gejagt werden und in einem wird versucht, völlige Bewegungsfreiheit zu simulieren, indem alle Waldlichtungen miteinander verbunden und mehrfach begehbar sind. Es wird sogar abgefragt, ob man an einem Ort schon war, damit eine Antwort wie "Das Einhorn hat die Lichtung verlassen" ein bisschen Leben in die ganze Sache bringt.

Meine Textabenteuer-Homepage ist ausdrücklich beiden Formen interaktiver Literatur gewidmet, da sie m. E. mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen. Gute wie schlechte Beispiele gibt es für beide Genres.

Geschrieben um 16:29 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
pintman
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Master Gumby
Beiträge: 116

Die "Ich renne durch alle Räume und schaue mir alles an"-IF ist ein interessanter Punkt. Hier kann eine Textbeschreibung weitaus durchdringender und plastischer wirken. Wahrscheinlich sind aus diesem Grunde auch stärker die Fähigkeiten des Autors gefragt als bei Parser-IF dieser Gattung.

Das erinnert mich an Point'n'Click-Adventure dieser Art, bei der man mit der Maus den gesamten Bildschirm auf der Suche nach HotSpots abfährt. Oder man probiert in Dialogen jede Frage aus, um erschöpfend das Gespräche zu führen.

Es ist sicherlich interessanter, den Spieler vor die relevanten und die Handlung beeinflussenden Entscheidungen zu stellen, als ihn vollständig explorierend eine Szene erkunden zu lassen.

Kannst du mir - und uns - ein oder zwei CYOA-artige Werke, zur Not auch in englischer Sprache, empfehlen? Auf deiner Homepage (textabenteuer.org) bin ich leider nicht fündig geworden.

Geschrieben um 18:52 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
FrankS
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Bachelor Gumby
Beiträge: 66

Naja, die Homepage ... da müsste viel mehr passieren. Es ist etwas in Arbeit, aber dazu mehr, wenn es fertig ist.

Sehr empfehlen kann ich die Reihe "Einsamer Wolf", die vom Autor in der englischen Version freigegeben wurde. Man findet die Bände 1-25 (!) liebevoll aufbereitet unter http://www.projectaon.org/en/Main/Home. Man kann die Bücher online spielen oder herunterladen. Eine Besonderheit sind die Abenteuerprotokolle, in denen Fähigkeiten, Lebenspunkte und Gegenstände, z. B. Waffen, vermerkt werden. Außerdem werden hier immer wieder Zufallszahlen verwendet, um Kämpfe und Proben auf Geschicklichkeit etc. zu simulieren. Man sollte die Bände in aufsteigender Folge spielen - die Geschichte baut aufeinander auf, außerdem kann man sein ganzes Zeug in den jeweils nächsten Band mitnehmen und hat es dann leichter. Wer gleich online mit Band 1 beginnen will:

http://www.projectaon.org/staff/eric/lw01.htm

Links findet man den Buchtext (bitte Spielregeln lesen) und rechts das Abenteuerprotokoll. Dort kann man für Bd. 1 z. B. fünf Fähigkeiten eintragen, die man auswählen muss (in Bd. 2 kommt eine hinzu usw.).

Ich empfehle aber dringend den Download der Bücher über das Programm "Seventh Sense" http://www.projectaon.org/staff/david/download.php, das es ermöglicht, während des Lesens alle Ereignisse interaktiv durch Anklicken auszulösen, alles ist schick animiert etc. Also: nur zu, die Bücher machen wirklich viel Spaß!

Ach ja: Die deutschen "Einsamer Wolf"-Bände (es wurden nur 12 ins Deutsche übersetzt) findet man sehr günstig (außer Bde. 11 und 12) bei einem allseits bekannten Internet-Auktionshaus.

Geschrieben um 19:21 am 17.05.2012 | Zitat | Editieren | Löschen
proc
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Retired Gumby
Beiträge: 727

Ein interessantes Medium, das eine besonders gute Dramaturgie benötigt. Christian Swinehart hat mal die Lösungswege von CYOAs durch Virtualisierungssoftware aus der Elementarteilchenphysik laufen lassen und interessante Strukturen herausgefunden. Man braucht sie aber nicht um mutmaßen zu können, dass Konzept und Dramatik entscheidend für gute CYOAs sind. Freilich auch im "Ich renne durch alle Räume und schaue mir alles an"-IF (hier mal kurz als Irr-IF bezeichnet), was aber letztlich die notwendige Dramatik entlastend an die Interaktion mit der Umgebung abstrahlt. Oder so formuliert: Rätsel spielen in CYOAs eine untergeordnete Rolle, in Irr-IF übernehmen sie einen Teil der Dramatik. Spätestens seit The Play der dramaturgisch vorbelasteten Spieledesignerin Deirdra Kiai (2011) bin ich restlos davon überzeugt, davor hat aber auch schon Andrew Plotkin auf der Indigo Speed-IF das Medium technisch ein wenig umgekrempelt und Auswahlmöglichkeiten vor oder zwischen die Situationen gestellt und Rücksprünge auf leicht verändertes Gewesenes umgesetzt. Millingtons Undum beherrscht rollenspielartige Spielzustände weitaus besser als CS. Bestes deutschsprachiges Beispiel ist vielleicht Zwei Jahre später von Florian Kalenda (2004), in der ifwizz-Datenbank bestehen mindestens 12% aller deutschsprachigen IF-Spiele aus CYOAs. Da lässt sich auch gezielt danach suchen.

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