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Das Schneemädchen

Geschrieben um 14:14 am 27.04.2025 | Zitat | Editieren | Löschen
Hannes
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Prof Gumby
Beiträge: 633

Michael begibt sich mal wieder in den Bereich des Orientalismus... ich teile seine anscheinende Faszination nicht so sehr. Ich Kulturbanause scheitere schon daran, die Namen "Hideyuki" und "Hanami" zuverlässig auseinanderzuhalten. Von den korrekten Schreibweisen mal gab abgesehen. Und was ein "Kamiza" oder ein "Iori" sind, habe ich ohnehin keine Ahnung. Zum Glück konnte ich dem Spiel essentielle Beschreibungen dieser Dinge entlocken.

Den Einstieg empfand ich als etwas lahm. Nur implizit nehme ich an, meine "Mission" bestehe wohl darin, in die Stadt "Gifu" zu erreichen. Was jetzt allerdings nicht der stärkste Aufhänger für ein Spiel ist. Gerade, da ich ja anscheinend ohnehin bereits auf halbem Weg dort bin. Also folge ich nach einem kleinen Schläfchen dem bezeichneten Weg und... kann dann irgendwie von der Lichtung nicht mehr weiter? Warum, bitte?

Ab hier folgen sogenannte Spoiler.

Die Lösung behauptet, wie ich dort später lesen konnte, ich finde den Weg nicht. Aber das Spiel verliert darüber kein Wort, oder? Diese Wendung, diese Hürde scheint erzählerisch nur in Michaels Kopf stattzufinden.

Aber, gut, spielen wir weiter. Es gibt also nur eine andere mögliche Richtung. Also dorthin, mangels Alternativen. Da treffe ich das Geistermädchen. Schöner Auftritt. Ein blöd verstecktes Objekt später habe ich ein Feuer entfacht. Aber auch das nur, weil es keine anderen Möglichkeiten, irgendetwas zu machen, gab. Dass das eine blöde Idee für den Protagonisten ist, hätte man sich glatt denken können. Nur: Warum er überhaupt ein Feuer braucht, kommuniziert das Spiel nicht wirklich. Warum will er da überhaupt übernachten auf dem kalten Gipfel? Warum nicht stattdessen unten am Fuß des Berges, wo er doch schonmal geschlafen hat?

Dann der Perspektivwechsel. Finde ich designtechnisch wie auch erzählerisch eine gute Wendung. Nur leider bekommt Hanami keine eigene Stimme, damit keine Persönlichkeit. Oder warum hat sie identische Raumbeschreibungen? Warum schaut sie auf die gleichen Dinge in den Ortschaften? Warum hat sie die identischen Eindrücke wie Hideyuki?

Einen langen Expositionsdialog später kann ich drei Enden erreichen. Das erste geht in Ordnung. Das dritte ebenfalls. Nur, das zweite, meines Erachtens unmöglich. Warum hat Hanami die (magische?) Kraft, Dinge zu erwärmen, während im ersten Akt Hideyuki das nicht so einfach konnte, dafür Feuer brauchte? Dass eines der Enden verdammt schwierig zu erreichen ist, finde ich in Ordnung. Nur sollte es dann nicht andersrum funktionieren? Also das "beste" Ende, Nummer 3, schwieriger erreichbar sein als das ziemlich fiese Nummer 2?

Hier enden die sogenannten Spoiler.

Plotidee und Spielstruktur haben mir Alles in Allem gut gefallen. Die Erzählung hat bei mir jedoch einige seltsame Leerstellen hinterlassen. Sollte Jemand eine Idee haben, wo die mir fehlenden Erkenntnisse zu finden sind, bitte ich um Aufklärung! Nur, selbst wenn sie irgendwo sind, dann bleibt mein Einwand: Es gibt Dinge, die muss man den Spielern zwangsweise verordnen; nicht optional entdeckbar machen.

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Bearbeitet von Hannes um 14:18 am 27.04.2025
Geschrieben um 05:08 am 30.04.2025 | Zitat | Editieren | Löschen
proc
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Retired Gumby
Beiträge: 786

Hier vorerst nur kurz: Das Spiel habe ich durch die knappe archaische Sprache in der Vergangenheitsform etwas anders gelesen, worin Entscheidungen dann distanziert wirken und alles eine mythische Bedeutung erhält. Interessant auch der Gehalt an Selbstreflexion. Es ist jedenfalls kein gewöhnliches Spiel;)

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Geschrieben um 01:32 am 18.05.2025 | Zitat | Editieren | Löschen
StJohn Limbo
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Master Gumby
Beiträge: 108

Nach dem tollen "Schattenweg" widmet sich Michael mit dem "Schneemädchen" erneut einem japanischen Setting, und er kann auch hier die passende Atmosphäre erzeugen. Man kann sich gut vorstellen, wie die Szenen durch japanische Holzschnitte im Stil eines Hokusai illustriert sein könnten. (Oder eines Kawase Hasui, siehe unten, der mir bis dato kein Begriff war, aber den ich vorhin bei der Suche nach "snow" auf https://ukiyo-e.org/ gefunden habe: https://ukiyo-e.org/image/artelino/12998g1)

Kawase Hasui

Das Spiel ist in der Vergangenheitsform und in der dritten Person erzählt statt in der sonst üblichen Kombination aus "Du" + Gegenwartsform. Das ist eine erfrischende Abwechslung und unterstreicht den märchenhaften Stil der Geschichte. Der Text ist in einer Sprache verfasst, die teils poetisch wird, aber dabei strikt vermeidet, ins Überladene oder Verkünstelte abzudriften. Im Gegenteil, sie hat meist die klare Einfachheit einer Sage oder einer volkstümlichen Erzählung im besten Sinne.

Schön fand ich auch, dass mehrere Enden möglich waren.

Die Implementierung ist generell gut, und die saubere handwerkliche Arbeit und Aufmerksamkeit zeigen sich in kleinen Aspekten; z.B. abkürzende Synonyme, die Tipparbeit sparen (Kette für Halskette, Stumpf für Baumstumpf, Spalte für Felsspalte etc.), und Details wie Wegbeschreibungen zwischen den Orten.

Ich habe ein paar vereinzelte Tippfehler gefunden (hereinberechende -> hereinbrechende, genauert -> gemauert, ...), aber sehr, sehr wenige; das war also zum Glück überhaupt nicht störend.

Dem Spiel lagen mehrschrittige Hinweise bei, die ich auch gebraucht habe. Die Puzzles fand ich leider etwas weniger gelungen als die Atmosphäre und die Geschichte.

-- SPOILER folgen --

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  • die Feuerstein-Sache hab ich mangels Alternativen grob geahnt, aber die konkrete Verbindung zu den Kaminsteinen hab ich nicht gezogen
  • ich dachte eigentlich auch, dass Feuersteine eher glatt sind oder ein bestimmtes auffälliges Aussehen haben aufgrund ihrer Zusammensetzung; die im Spiel genannte Rauheit hab ich daher nicht als passendes Anzeichen gedeutet
  • an der Stelle hatte ich auch mit dem Parser bzw. der Implementierung zu kämpfen:
>schlag stein an steine
Ich habe nur Folgendes verstanden: den faustgroßen Stein schlagen.

>schlag stein an kamin
Ich habe nur Folgendes verstanden: den faustgroßen Stein schlagen.

>schlag steine mit stein
Ich habe nur Folgendes verstanden: die rauen Steine schlagen.

>schlag kamin mit stein
Ich habe nur Folgendes verstanden: den Iori schlagen.

(gefordert ist stattdessen: schlag stein auf/gegen kamin)
  • auch das mehrfache Schlagen gegen den Kamin ist etwas merkwürdig... wenn ich schon eine Glut habe, dann ist die doch viel besser, als ein paar weitere Funken zu erzeugen

  • und wenn man schon am Freveln ist, warum kann man das Rollbild oder den Wandschrank nicht auch fürs Anfachen nutzen? :)

  • Die magische Teleportierung der Kette hat mich zunächst etwas irregeführt, da ich direkt vorher schon mit Himari auf die Bäume geklettert war und deshalb nicht vermutete, es gleich nochmal tun zu müssen.

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-- Ende der SPOILER --

Fazit:

Eine schöne, poetische Geschichte, die ich gerne gespielt habe. Ich hätte sie mir vielleicht ein wenig länger und mit etwas anderen Puzzles gewünscht, aber das ist Mäkelei auf ziemlich hohem Niveau.

-- Michael

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Bearbeitet von StJohn Limbo um 01:35 am 18.05.2025
Geschrieben um 07:54 am 22.05.2025 | Zitat | Editieren | Löschen
Mikawa
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Prof Gumby
Beiträge: 357

Danke für Eure wertvollen Rückmeldungen. Wer würde sich zum Testen von Änderungen bereit erklären?

Vorsicht, Spoiler!

  • Eher korrekt und plausibler wäre vermutlich ein Feuereisen, das man an dem Stein "reibt".
  • Das Anzünden des Rollbilds ist natürlich sehr naheliegend, der Gegenstand kam erst recht spät beim Feinschliff dazu.
  • Vielleicht muss man sogar beides in den Kamin legen ...
  • Die Texte, wenn man im Kreis läuft, sollten dies wohl auch eindeutiger rückmelden.
  • Der Aufstieg zum Gipfel sollte erst zur Wahl stehen, wenn Hideyuki klar wird, dass er Gifu tatsächlich nicht mehr erreichen wird.
  • Die Kette immer dort auftauchen zu lassen, wo der Spieler grade sucht, ist eine hervorragende Idee!

Es gibt schon eine Erklärung für die Übernachtung im Schrein, wenn man an einem anderen Ort versucht zu schlafen. Da braucht es wohl eine deutlichere Ausformulierung.

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